
Indiana Jones Hängebrücke
Welcome to the Jungle….
Egal wohin wir gegangen sind in Bhukit Lawang, jeder hat diesen Satz zu uns gesagt 🙂 Und ich hab mich jedes Mal wieder gefreut wie ein Schnitzel. Der Ort selbst, war eigentlich von den Häusern und Straßen her nicht besonders überragend, da er vor Jahren von einer großen Flutkatastrophe heimgesucht wurde und sich im Prinzip immernoch im Aufbau befand. Aber die Stimmung war es. Man spürte, sah und hörte, dass man sich jetzt direkt neben dem ECHTEN Dschungel niederließ und konnte nicht aufhören zu schauen. Ein großer Fluss trennte den Ort in sich, und man konnte ihn nur über einige kleinere und größere Indiana Jones Hängebrücken überqueren. Überall saßen junge Kerle mit Gitarren in ihren Läden und am Ufer. Es wurde von Früh bin Spät gesungen und das Feeling, das der nebelige Dschungelausblick bot, vor allem wenn man über so eine lange, wackelige Brücke lief, war unbeschreiblich. Ich war hin und weg von dieser Situation. So als ob ich endlich am Arsch der Welt angekommen wäre und niemand mir das mehr streitig machen könnte. Ich wollte da rein. Das erste was uns an diesem Ort passierte, war dass wir mit zwei Guides sofort darüber verhandeln mussten, ob wir mit ihnen eine Dschungeltour buchen wollten, oder nicht. Wir waren jedoch sehr dankbar, als sie uns Zeit zum Überlegen gaben und noch dazu dabei halfen, mit unserem Gepäck eine Bleibe zu suchen. Wir fanden eine, auch noch jene welche, die Naturschutzprojekte unterstützte und waren wirklich nicht schlecht erstaunt, als wir herausfanden, wie groß und schön das Zimmer in der Butterfly sweet tatsächlich war. Eine riesige Terrasse mit Massivholzmöbeln, die direkt zum Fluss zeigte rundete das Bild ab. Wir entschieden uns gegen den Rat von Stefan Loose, gleich bei den ersten zwei Guides unsere Dschungeltour zu buchen, die uns angequatscht hatten. Hauptsächlich deswegen, weil uns Tschibur schon auf dem Weg zur Lodge so viel über Pflanzen erzählen konnte, dass wir einfach darauf vertrauten, er könnte uns das wirklich schön gestalten. Also buchten wir 7 Tage (selbst die Guides selber waren erstaunt, die meisten machten nur einen oder zwei) fest an diesem Tag, und waren gleichzeitig davon überzeugt, dass es die Herausforderung unseres Lebens werden wird 😀 Aber wer ist schon mal wirklich im Dschungel unterwegs? Wir wollten beide so gerne richtig erleben, wie es ist dort ohne Zeitdruck zu sein…tief hinein zu gehen und zu leben, als gäbe es nichts anderes. Immerhin muss es ja mal irgendwann so gewesen sein. Nachdem wir in dem total schönen, urigen Tony´s Restaurant Pizza und Pasta gegessen hatten (das war der Wahnsinn für mich) und ein paar Bier und Songs auf der Guitarlele mit Tschibur weiter, versuchten wir durch den Regen unser restliches Gepäch nach Hause zu bringen. Aber nachdem die Mum keinen Regenschutz hatte und auch sonst schon zu jammern anfing, blieben wir einfach im nächsten Laden wieder sitzen und unser neuer Guide organisierte todesmutig irgendwo im dunklen verregneten Nichts sowas wie süßen Palmenalkohol, der uns reichlich lustig werden ließ 😀 Nachdem wir eine weitere Stunde auf den geduldigen interessierten Indonesier eingeredet hatten (alles über Reichtum, Palmölplantagen, Umweltbewusstsein und Verantwortung des jeweiligen Landes gegenüber seinen Ressourcen was uns einfiel), kamen wir bei unserer Lodge an. Wir machten uns frisch, ich bestaunte Bilder über ein abgebranntes Melodrom in meiner Heimat und wir brachen schlussendlich alle gemeinsam auf, um auf irgendeine Party zu gehen, die in einem anderen dunklen Nichts stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin kam allerdings raus, dass sie aufgrund des Regens ausgefallen war. Ich dachte mir heimlich, dass dann ja wohl nie eine Party stattfinden konnte in dieser Gegend, wenn sie im Regenwald zur Regenzeit wegen Regen abgesagt wurde…aber nichts desto trotz, hatten wir Lust, so noch nicht aufzugeben. Tschibur und ich wateten durch verwinkelte Matschpfade zu irgendeinem winzigen Laden im letzten Winkel, um Bananabrandy zu besorgen, während die Mum mit Mudi (dem anderen Guide) Affen über unserem Bungalow bestaunte, die in den Zweigen umhersprangen. Wir tranken, lachten, rauchten und aus der Hütte neben unserer kamen immer wieder Kerle die sich zu uns gesellten. Eigentlich waren alle, die sich in diesem Ort befanden Dschungelgiudes, wie sich herausstellte 😀 Und fünf oder sechs von denen teilten sich so eine Hütte, in der wir zu zweit schliefen. Irgendwann nach dem dritten Typen der da zur Tür hinausgestolpert kam, konnten wir uns fast nicht mehr einkriegen vor lachen…weil es schien, als würde da drin ein ganzes Dorf hausen 🙂 So saßen wir da noch eine Weile, meine Mum redete noch angeregt mit einem langhaarigen Guide über Palmölplantagen (er hatte ein T-shirt an, auf dem stand ¨don´t palm us off¨), und irgendwann zogen wir uns endlich in das herrliche Bett zurück. Die Jungs redeten und tranken noch lange auf unserer Terrasse und der Ausflug in den Dschungel mit unseren beiden Kameraden, schien vielversprechend zu werden. Ich schlief wie ein Baby, in dieser Nacht. Laute Frösche die klangen, wie grunzende Kinder, machten den Sound perfekt. Die Träume von all den Plantagen, die uns so verhasst waren, blieben Gott sei Dank noch ein wenig aus…aber sollten später dafür umso härter werden. Mein letzter Gedanke war der Guns ´n Roses Song, den mir den ganzen Tag jeder eingepflanzt hatte, dem ich begegenet war…inklusive meines Mannes 🙂 ¨Watch it bring you to your knees¨….na ich bitte darum, hab ich mir gedacht 😉
Mother, should I trust the government?
Die Tatsache, dass mich meine Mum schon nach drei Wochen besuchen kam, hatte wohl einige Gründe 🙂 Sie hat wohl gemerkt, dass ich hin und her gerissen war von Sehnsucht und Tatendrang und hat außerdem wohl so ihren ganz eigenen Kampf am laufen mit der Tatsache, dass ich wirklich geflogen bin. Aber wenn ich etwas genossen habe, dann das Teilen von Eindrücken. Ich weiß nicht ob es jedem so geht, aber in meinem Fall ist es oft so, dass ich mit vertrauten Personen in alte Muster verfalle. Sei es die pupertierende 16jährige oder das verschüchterte, meinungslose Etwas, dass nichts mehr ersehnt als Harmonie. Manchmal auch beides im Dauerwechsel 😀 Aber diese erste Abend, an dem wir uns in Bangkok getroffen haben, war wirklich unheimlich schön. Ich war schon ein bisschen fertig, von der langen Busreise mit einem Minibus, der irgendwann nur noch mich alleine in das dunkle Nichts zu fahren drohte und einfach nicht stoppte. Das Ankommen, hatte etwas so belebendes für mich, dass ich mich auch vollends auf das geborgene Gefühl einlassen konnte, dass die Anwesenheit meiner Mama in mir auslöste. Ich wurde von jemandem in den Arm genommen und sprudelte vor lauter Geschichten und der Freude darüber, dass jemand Lust hatte, mit mir einen Teil dieser Zeit hier zu verbringen. Wir redeten die ganze Nacht, tranken Cocktails, bis der Morgen graute und waren so nett zueinander, dass es fast schon unheimlich wurde 😀 Wir freuten uns ehrlich, uns zu sehen…und solche Momente sind immer wieder schön. So selten im Leben hat man die Gelegenheit, mit einer Person eine intensive, mehrwöchige Phase zu teilen, ohne dass man abgelenkt wird. Die Pläne, die wir machten, waren allesamt immer wieder chaotisch…und doch haben sie funktioniert 🙂 Als wir im Flugzeug nach Sumatra saßen, spürte ich, wie froh ich war, dass ich in so ein unbekanntes Land das erste Mal nicht alleine fahren würde. Mir war klar, dass ich es auch alleine gemacht, geschafft und geliebt hätte…und doch ist es ein gutes Gefühl, zugeben zu können, dass das allein sein immer nur gut für eine Phase ist…nicht für ein Leben. Die Ankunft in diesem Land war schön. Die Luft am Flughafen tropisch freucht-warm, selbst die aufdringlichsten Taxifahrer, waren Vorzeige-Gentlemen im Vergleich zu dem, was wir aus Thailand gewohnt waren. Der erste, der uns in die Stadt brachte, war so lustig und liebenswürdig, dass wir nicht anders konnten, als mit ihm im Auto zu singen und die Fenster auf zu reißen. Wir blieben zwei Nächte in einem eigentlich spottbilligen Luxushotel und ließen die medan´sche Mentalität auf uns rieseln. Alle warnten uns davor, nicht alleine auf die Straßen zu gehen in der Nacht…die Welt sei gefährlich auf diesem Fleckchen. Die Nächte Gangsters Paradise und eine Frau eigentlich sowieso hoffnungslos verloren, in diesen Gefilden. Wir taten es trotzdem. Und passiert ist uns nichts. Nachts mit einem winzigen Motorbike-taxi durch verlassene Straßen einer riesigen Hauptstadt zu fahren ist zwar dann doch etwas gruselig, aber wir haben ein paar coole Orte gefunden. Zum Beispiel eine indische Disko 🙂 Medan Nightclub war der Name, und nachdem wir abenteuerlich gegessen hatten, wollten wir ein Bier trinken gehen. Unser Fahrer wartete geduldig an jeder Ecke auf uns, an der wir etwas unternahmen, und meine Mutter wurde nicht müde, zu betonen, wie wichtig es wäre, dass ich das jetzt nicht alles alleine gemacht hätte 😀 Der Sound in der Disco war wie aus einem Bollywood Film ohne Dezibel-Gesetz. Noch nie! Hatte ich so laute Musik gehört. Wir konnten uns also schon mal nicht unterhalten, bis wir Bier bestellt hatten (die Getränke waren eigentlich unbezahlbar, selbst für uns), wurde uns schon das komplette Sortiment an Alkoholoka auf der Bar ausgebreitet, weil wir uns einfach nicht verständigen konnten, und Fans hatten wir auch schon fünf, bevor wir überhaupt Platz genommen hatten 😀 Der Inhaber, gesellte sich direkt zu uns und beschenkte uns reich mit Nüssen und purem indonesischen Whiskey, er schien unfassbar begeistert und erstaunt darüber, dass deutsche Touris ihren Weg in seinen Laden gefunden hätten. Und nachdem uns nicht viel anderes zu tun übrig blieb, besaufen nicht erschwinglich war und Verständigung unmöglich, raften wir uns ernsthaft dazu auf, mit all den indischen alten Frauen und Männern auf die Tanzfläche zu gehen 😀 Es war ein wahres Spektakel was dort ablief. Männer tanzten Arm in Arm mit Männern, riesige Kreise wurden Hand in Hand geschlossen und alle klatschten, bewegten die Hüften und sangen Karaoke in der selben Lautstärke, die einem die Ohren zum dröhnen brachte. Und meine Mum und ich mitten drin. Wir gaben unser bestes, die Bewegungen nachzumachen und hatte zumindest so viel Erfolg darin, dass uns sogar der momentane Sänger von der Bühne entgegen sprang, um mit zu tanzen 😀 Also was man ja vielen Völkern wirklich zu Gute halten muss, und somit auch den Indern, das ist diese Nähe, die sie zueinander empfinden. Sie können ausgelassen den Alltag Vergangenheit und Zukunft sein lassen und sich gegenseitig in den Armen liegen, völlig unabhängig von Geschlecht, Alter oder Rangordnung. Wir sind daraufhin bald schon gegangen, weil unsere Ohren drohten zu explodieren, aber die Erfahrung war besonders. Wir wurden noch umarmt, nach draußen begleitet und jeder den wir trafen, sorgte sich darum, dass wir auch wirklich sicher weiter transportiert werden. Also vielleicht stimmt es, dass Medan so verrucht ist, aber wir haben irgendwie nur die Netten getroffen 🙂 Das ändert zwar absolut nichts daran, dass es eine der hässlichsten Städte ist, die ich je gesehen habe, ohne Glanz, voller heruntergekommener Straßen, einem Einkaufszentrum, das reicher ist, als jedes, dass wir in Deutschland vorfinden würden, also eine ins Gesicht springende Arm-Reich-Kluft, aber es bedeutet schon ein weiteres Mal, dass wir uns immer und immer wieder selbst eine Meinung über die Tatsachen dieser Welt bilden werden und müssen…dazu angehalten sind. Wären wir im Hotel geblieben, hätten wir nie gesehen, wie herzlich indische Männer miteinander tanzen können 🙂
Durch die Minen von MORIA
Der letzte Tag, an einem gleichzeitig fremden und vertrauten Ort, ist jedes einzelne Mal wieder etwas Besonderes. Der Railay Beach ist und war so ein Ort für mich, und ich hatte mich zu verabschieden. Natürlich hatte ich Großes vor…wie immer. Also machte ich mich daran, den Rucksack zu packen, und endlich mit Kletterschuhen nach Boulderrouten zu suchen. Verschiedene Dinge hatten mich über die Tage dort vom richtigen Klettern abgehalten…naja hauptsächlich ein Ding: Angst 😀 Ich konnte nicht einschätzen, wie gut ich schon war, und ob ich mein Leben in die Hände eines Kletterlehrers vor Ort legen sollte, die ich jede Nacht betrunken in der immer selben Bar vortraf. Die Überlegungen waren noch nicht zu Ende, der Urlaub dort jedoch schon…also hatte ich keine andere Wahl, als es selbst zu versuchen 🙂 Dieser letzte Tag, hatte etwas Magisches. Ich lief den Küstenpfad entlang und kannte schon jedes Restaurant, jede Bar, den Ladyboy, der die Boottickets verkaufte, die alte Frau, die ihren Lebenstraum mit dem kleinen Laden erfüllt hatte und trotz fehlender Zähne besser Englisch sprach, als die meisten Thais, die ich bisher getroffen hatte. Die letzte Kokosnuss schmeckte unglaublich…das letzte cashew-chicken-curry ebenfalls. In meinem geliebten, winzigen Sitzrestaurant, in dem immer drei Songs rauf und runter gespielt wurden 🙂 wish you were here, way back into love und I´m yours. Vielsagend…darüber nachzudenken hätte aber meine Stimmung getrübt, und deshalb konzentrierte ich mich aufs Genießen. Der Weg nach dem Essen, vorbei an den Tropfsteinfelsen zu dem schönsten Strand, den ich kenne, war an diesem Tag irgendwie anders. Ich atmete, roch und spürte bewusster…war stolz auf mich, jetzt auf die Suche zu gehen. Als der Kerl vom Touriladen am Anfang des Weges ein paar unfassbar laute Böller zündete, um die frechen Affen zu verscheuchen blieb mir deshalb auch wirklich kurz das Herz stehen 😀 Ihm hab ich mit meiner Reaktion den Lachanfall des Tages beschert, und mir ist dadurch erst mal alles in den Matsch gefallen 😀 Ich lief also gemeinsam mit den Affen weiter, unter den Felsen hindurch, an den Gebetsteinen vorbei…immer den glitzernden Sonnenstrahlen entgegen. Je heller es wurde, desto aufgeregter war ich. Als sich vor mir der Strand auftat, leuchteten die hohen Felsen rot in der Sonne. Das Meer war wild, hohe Wellen, Getöse und schäumende Gischt brachen sich an den Steinwänden. Alles glitzerte wie tausend Zaphire und verliebte Paare lagen unter den auf den Strand ragenden, verworren gewachsenen Bäumen. Ich war so glücklich, dass ich mich erst mal hinsetzen und das alles auf mich einwirken lassen musste. Die Erkenntnis, warum ich immer so pur wahrnehme, wenn etwas droht zu verschwinden, entzieht sich mir völlig. Allerdings ist es besser, es so zu können, als gar nicht. Irgendwann stand ich endlich in voller Montur (Männershorts und Kletterschuhe), vor der Felswand, die in beide Richtungen 100 Meter am Strand entlang reichte, und von der ich wusste, dass sie zu bezwingen war. Ich hatte schon drei Tage zuvor einen Kerl auf eigene Faust dort bouldern sehen und wollte jetzt entdecken, was in mir steckt. Mit Erinnerungen im Hinterkopf, wie das zu funktionieren hat (erst dran hängen, dann Kraft aus den Beinen holen, nie höher als vier Meter), hängte ich mich knapp über dem Boden wie ein Affe an die Wand. Es war furchtbar anstrengend 😀 Aber mit der Zeit und den Stunden, hatte ich fast den ganzen Fels hin und her geschafft und schaute zu meiner Überraschung auf einmal von sieben Metern über ziemlich viele Felsvorprünge nach unten. Nicht so gut, hab ich mir gedacht 😀 Aber die Aussicht übers Meer war der Wahnsinn. Das Gefühl, ewas geschafft zu haben, vor dem man sich fürchtete…das ist glaub ich mit keinem Geld der Welt zu kaufen. Man ist es nur selbst, der einem das schenken kann…und es ist jedes Mal ein Sieg über so viele selbst erbaute Grenzen. Nachdem ich ein paar Mal abgerutsch war, und natürlich viel zu viel Kraft aus den Armen geholt hatte, war ich wieder so weit über dem Boden, dass ich drei Meter nach unten in den Sand springen konnte. Der Fels sah danach für mich ganz anders aus. Ich kannte Stellen, die mir vorher nicht mal aufgefallen wären…sah Dinge, die sich sonst meiner Aufmerksamkeit entzogen hätten. Alles war auf einmal ein Abenteuerspielplatz. Routen, Farben, Neigungen, Trittsteige. Die Abenddämmerung machte sich breit und das Farbenspiel noch interessanter. Ich ließ Sach und Pack einfach unter meinem psychodelischen neuen Tuch liegen und rannte wie wild geworden auf das Meer zu. Es waren fast keine anderen Menschen mehr zu sehen, nur vereinzelte Paare und Mädels, die an den Felsen gelehnt, in ihr Tagebuch schrieben. Die See war so laut und schnell, dass mit der Gedanke kam, da rein zu gehen, wenn es dunkel wurde, war jetzt nicht die beste Idee. Aber der verflog ziemlich schnell, mit dem Gegenargument in meinem Kopf, dass ich ja nicht unterwegs bin, um immer und immer wieder ganz deutsch auf Nummer Sicher zu gehen. Mittlerweile war von der Sonne nur noch ein roter Streifen am Meereshorizont zu sehen und die Dunkelheit hüllte sich um alles, was vorher farbig war. Ich rannte im Meer wie gegen eine hohe Wand. Die Wellen waren so hoch, dass sie mich zwei Mal überragten und peitschten einem jeden Gedanken aus dem Gesicht. Das war mein Element. Ich rannte immer wieder gegen die Wellen, durch das lebendige, schäumende Wasser, von dem ich wusste, dass es so weit reicht, wie es meine Vorstellung nicht mal erfassen kann. In dem so viel lebt, dass nicht mal der Mensch es vollends erforschen kann. Mein Weg führte mich die ganze Küste entlang…bis hin zu einem jähen Ende des Strandes. Hier war es ruhig. Ein sehr komisches Gefühl. Von rechts kam das Meer, genauso wie von vorne. Nur dass jenes lebendige Getöse fast verschluckt wurde, durch ein vollkommen still stehendes Meer von rechts. Das stand ich also und war völlig geplättet von meiner Fähigkeit, mich in Naturgewalten wieder zu erkennen. Ich sang lauthals in die Nacht hinein…in die Stille, sowie in die Wildnis. Alles war Teil von mir, alles hatte Platz in mir. Still stehende Gewässer genauso, wie wild gewordene Urgewalten, die mich mitzureißen drohten. Ist es nicht das Mensch sein im Allgemeinen, das sich hier wiederspiegelte? Gehört es nicht zu unserem alltäglichen Kampf sich von der erotischen Anziehungskraft der Wildheit, nicht abzuwenden, und ihr doch nicht zu gehören? Mit solchen Gedanken und Liedern im Kopf schlenderte ich nun nur noch mit den Füßen im Wasser den Weg zurück. Als sich vor mir nun der Fels auftat, mit neuem Licht, einer anderen Perspektive, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Ich fühlte mich wie in den Universen versetzt. Die Felsen sahen so bedrohlich und so wunderschön aus, als würde ich mich gerade durch die Minen von Moria bewegen. Es war laut und unheimlich, gleichzeitig literarisch und wie gemacht für die größten und ehrwürdigsten Phantasien dieser Erde. Der Schatten des knorrigen ersten Baumes warf so ein riesiges Bild auf die sich vor mir abzeichnende Leinwand, als würde ein Balrog gerade vor meinen Augen aus der Unterwelt gekrochen kommen. Ein kleines, vom Anblick gefesseltes Wesen stand mit offenem Mund vor dem riesigen Felsen in der Nacht und konnte ihr Glück, mal so etwas gesehen und gespürt zu haben nicht begreifen. Sich loszureißen, war nicht leicht. Aber als ich die besorgten Blicke eines übrig gebliebenen Pärchens unter der Laterne in meine Richtung sah, dachte ich mir, es ist wohl Zeit aufzuhören, sich in die Fluten zu schmeißen 😀 Der Heimweg war lustig. Von allen Seiten hörte ich meinen Namen. Viele kannten mich mittlerweile und wünschten mir eine gute Reise, luden mich noch auf einen Kurzen ein oder wollten unbedingt nochmal von einer verheirateten Frau abgewürgt werden 🙂 Als ich den letzten kurz vor meinem Bungalow abgeschüttelt hatte, kam von meiner gegenüberliegenden Nachbarin leise aus der Dunkelheit die Frage, ob ich Lust hatte, mit ihr einen Wein zu trinken und übers Leben zu philosophieren. Na da war ich die richtige Person an diesem Tag 🙂 Wir redeten vier Stunden unaufhörlich über richtig und falsch des Liebens, über Freiheit und Pflicht, über Thailand, das Reisen und das Leben selbst. Und eines ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Wenn es eine Pflicht gibt, die unweigerlich zu allem führt, das wir uns erträumen, dann ist es die, glücklich zu sein. Und um das zu erreichen, darf die Begeisterung, das offene Auge, das nicht zweifelnde Herz und die wahre Liebe zu uns selbst und zu unseren Nächsten niemals aufhören, das wichtigste zu sein. Solli Fri
Das Spiel mit dem Feuer…
Wie man sich vorstellen kann, bin ich zwar schon introvertierter als sonst, aber manchmal kreuzt auch ein anderer Mensch meinen Weg 🙂 Derjenige, der mir unter anderem im Gedächtnis geblieben ist, und auch gewissermaßen ein Sinnbild für meine Thailandreise darstellt, ist Gott sei Dank ein Thai gewesen. Es ist nämlich heut zu Tage nicht mehr so leicht wie man denkt, in Thailand wirklich Thais in ihrem echten Lebensraum zu begegnen. Wie sagte eine nette 35jährige Österreicherin zu mir, mit der ich am letzten Abend ein bisschen ¨Rum-philosophiert¨ habe: ¨ Man kommt sich in diesem Land wie ein laufender Geldbeutel vor. Von beiden Seiten ist keine echte Begegnung mehr möglich, weil sich fordernder Touri (ich wills billig, ich will dass du meine Tasche trägst, ich will Abenteuer ohne echte Gefahr) und gieriger Thai (ich möchte, dass du drei mal so viel wie die Landesbewohner zahlst, nur in abgesperrten Touristengebieten bleibst und meine Kultur außen vorlässt, damit ich meine Ruhe vor dir habe) treffen, ohne als Mensch und Mensch voreinander zu stehen. Auf dieser Ebene passiert Ausbeutung von beiden Seiten, und es ist fast nicht möglich, wenn man das Spiel nicht mag, aus diesem System auszubrechen.¨Der Name meines ¨Freundes¨ war Tum, und er war tagsüber Kletterlehrer am Railay Beach, und machte nachts die Feuershow in der ¨Last Bar¨ für die Touristen. Wir trafen uns, weil ich am ersten Abend, in eben genannter Bar saß, und mir mit Bier in der Hand das Spektakel anschaute, die Füße den Gehweg zum Meer herunterbaumeln ließ, und jedes noch so scheußliche Lied mitsang, das in dieser Bar gespielt wurde. Er stand mit den anderen Kerlen, die da oben ohne, und eingeölt, zu hartem Techno mit ihren brennenden Pois und Sticks ein Kunststück nach dem anderen vorführten auf dem Weg, und ließ seinen Stick fallen, als er mich anschaute. Keine Ahnung warum. Ich war irgendwie gut drauf, gefestigt, zielsicher…das hat ihn an meinem Blick vielleicht irgendwie aus der Fassung gebracht. Er schrie lachend ¨that was your fault¨ und kam nach der Show mit einem Eimer! Schnaps zu mir und setzte sich neben mich. Dass es keine Seltenheit ist, dass diese Kerle nach ihrer künstlerischen Darbietung versuchen irgendwelche knapp bekleideten Miezen abzuschleppen, war sogar mir irgendwie bewusst und deshalb stellte ich gleich klar, dass da nichts laufen wird. Zu meinem großen Erstaunen ging er nicht. Er blieb, und das meinen restlichen Urlaub an diesem Ort. Wir unterhielten uns viel über die verschiedenen Leben, die wir führen, tranken ab und zu einen und er brachte nachts oft Essen zu mir ins Bungalow und wollte einfach reden. Diese Erfahrung war für mich anfangs eigentlich recht schön, weil ich ja weiß, dass es nicht einfach ist, jemanden auf einer freundschaftlichen Ebene zu treffen. Aber seine Besuche wurden immer später, immer betrunkener und irgendwann kam es auch dazu, dass er nicht mehr gehen konnte, weil er so betrunken war und wohl über Jahre so viele Probleme in sich reingefressen hatte, dass es ein Geschenk für ihn darstellte, einen Zuhörer gefunden zu haben. Er saß dann teilweise zwei Stunden weinend in meinem Zimmer, und erzählte mir von dem inszenierten Leben, das er führte. Viele Frauen kamen ihn ein Mal im Jahr besuchen, lebten mit ihm dann für mehrere Monate wie ein Paar zusammen und gingen dann zurück zu ihrem Ehemann oder Freund, und er war Geschichte. Neun Jahre lang lebte er nun an diesem Ort…tat tagein tagaus das selbe, spielte immer das gleiche Programm für die Touris ab, bei der immer gleichbleibenden Playlist der Last Bar und führte Beziehungen, die sich buchstäblich in Nichts auflösten…jedes Mal…zwangsläufig. Mir ist zwar schon aufgefallen, dass ich da ein gewisses Muster in meinem Leben aufweise…Menschen mit mir entweder schlafen, oder über ihre Probleme reden wollen (in seinem Fall vielleicht sogar beides), aber es war zu interessant und berührend, was da vor meinen Augen passierte, als dass ich darüber weiter nachdenken wollte. Die Geschichte verlief sich im Sand, als ich ihn am vorletzten Abend aus meiner Hütte werfen musste, weil er drauf und dran war, alles voll zu kotzen und sich einfach neben mich ins Bett legte und einschlief. Das letzte Mal, dass ich ihn sah, war als er nach seiner Show das nächste blonde Liebchen mit in sein Bungalow schleifte, mit einem Eimer Schnaps in der Hand, und so tat, als hätte er nichts zu verlieren.
Mein Eindruck von dieser ganzen Situation war folgender: Dieser Mensch scheinte mir, wie zwischen zwei Welten gefangen. Er hatte sich so viel über seine Jugendjahre hinweg mit Touristen umgeben, dass ihm seine eigentümlichen, landesüblichen Ideale skurril vorkamen mit der Zeit. Gleichzeitig hält ihn aber ein unerklärbarer, innerer Konflikt in diesem inszenierten Rahmen gefangen, weil er tief in seiner Seele ein gläubiger, sehr familienverbundener Thailänder ist, der seine Herkunft nicht einfach ausschaben kann. So ist es ihm unverständlich, wie viel wertloser, käuflicher Sex für uns Westler auf der Tagesordnung steht, und gleichzeitig kann er nicht mehr zurück, und nach dem ersten Date mit einer Thailänderin sofort vor der ganzen Familie begründen, warum er sie nicht heiraten möchte. Deshalb nenne ich es das Spiel mit dem Feuer. Mein Dad hat mal gesagt, man lässt überall, wo man mit jemandem intim gewesen ist, einen Seelensplitter zurück. Wenn das wahr ist, wird von seiner Seele nicht mehr viel übrig sein…und er spielt jedes einzelne Mal, bei dem er nicht auf eine innere warnende Stimme hört, mit dem übrig gebliebenen Teil seiner selbst. Ein wahrer Feuerkünstler….
Fallschirm springen verboten….

Daughter of Rambow
Kennt jemand den Film ¨Son of Rambow¨? Nicht dass ich jetzt so übermütig geworden wäre…aber ein bisschen abenteuerlustig schon 🙂 Es ist auch wirklich ein Trugschluss, zu glauben, man könnte durch denken, schreiben, Sport machen, reden, Guitarlele spielen und eigene Untiefen ergünden alleine über Wochen glücklich werden. Es ist schon auch das Erleben notwendig, um das Leben zu spüren. Mal ganz abgesehen davon, dass man nicht durch zwei Wochen mit einem Stift in der Hand zu Shakespeare wird und auch nicht durch tagelanges Grübeln zu Kant. Als diese Erkenntnis auch endlich mal zu mir durchgedrungen war, hab ich mich mit Wildnismesser, Feldflasche und Neoprenschuhen ausgestattet, um endlich mal auf eigene Faust zu abenteurern. Gelesen hatte ich ja nun doch schon einiges davon, wie schön das sein soll 😀 Beim Vorbeilaufen an den Felsen zum schönsten Strand der vier zur Verfügung (prahnang beach) stehenden, hatte ich vor Tagen ein View Point Schild entdeckt, das einfach steil den Berg hinaufzeigte. Daneben war auch ein etwas absurdes aufgestellt, auf dem stand, dass von dort Fallschirm springen verboten sei, was mich so zum lachen gebracht hat, dass ich auch die Möglichkeit nicht mehr vergessen konnte, dass mich dort oben etwas Aufregendes erwartete. Also schaffte ich es ernsthaft, endlich mal vor zwölf zu meiner Bungalowtüre hinaus zu spazieren und mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das erste was man sah, als man sich mutig vor der zu erklimmenden Felswand aufbaute, war ein sieben Meter langer Vorsprung, der über und über mit rotem Schlamm bedeckt war, tausend Spitzen und Kanten in sich verbarg und ein zerschlissenes, glitschiges Seil, das verräterisch den Anschein machte, als würde es einem den Aufstieg erleichtern. Der erste Schritt saß und so sah ich mich 10 Minuten später schon ziemlich weit über dem Abgrund auf den Felsvorprüngen balancieren und das Seil links liegen gelassen zu haben. Da der Fels allerlei Kurven und unbezwingbare glatte Stellen aufwies, war es nicht verwunderlich, dass der Aufstieg sich dann doch auf die fünffache Länge belief, als es von unten den Anschein gemacht hatte. Ein paar Kerle kamen mir ab und zu entgegen und waren drauf und dran, mich wieder mit runter zu nehmen, nachdem sie sahen, dass ich die Sache alleine versuchte. Aber nachdem sie mein läppisches Gelächter gehört hatten, gaben sie auf und waren dann doch eher beeindruckt als verängstigt. Ich hatte endlich wieder die Chance, zu testen, wie viel ich von meinen Kletterkursen behalten hatte. Als ich oben ankam, war ich der stolzeste Mensch, den es in dieser Sekunde vielleicht auf Erden gegeben hat. Affenfamilien, die meinen Weg nach oben kreuzten (ein ganz kleines bisschen schneller als ich 😀 ) nahmen sich das Recht, auf ihre Vorfahrt und ich rutschte, teilweise auf dem Arsch, teilweise auf den Schuhen, hinter ihnen her. Quer durch den Dschungel, über umgefallene Bäume und liegen gelassenes Nestlepapier, kam ich an den Aussichtpunkt, der mir regelrecht die Luft zum atmen raubte. Ich stand vor einem Abgrund der in Deutschland wohl mit neonpinken Warntafel und Stacheldraht ausgestattet worden wäre, und blickte über beide Küsten hinweg. Die Felsen leuchteten groß und gebieterisch zu beiden Seiten rot in der Sonne und die Palmenwälder, die die ganze Halbinsel säumten wirkten wie Streichhölzer von hier oben. Das türkise Wasser bebte wild von beiden Seiten auf den schmalen Küstenstreifen zu und Müllberge, Touristen, Technoverseuchung waren von hier oben wie verschluckt, verdaut und woanders ausgeschieden. Ich war glücklich. Sehr. Lange saß ich da und bestaunte meine Kamera, die spazierende Menschen zwischen Mangroven so groß heranzoomte, als würden sie direkt vor mir stehen. Nachdem ich mich satt gesehen hatte für den Moment, machte ich mich ans Rambo-dasein. Ich sprang durch den Dschungel zu Orten, an denen es aussah, als wäre da selten jemand entlang gelaufen. Roch an Blumen, testete Lianen, schnitzte in gefundenes Holz und verfolgte stundenlang Schmetterlinge. Immerwieder tat sich hier und da ein markerschütternder Abgrund vor mir auf, der hinter einem Dickicht auftauchte und mir dann doch einen ganz schönen Respekt einflößte. Es war interessant so unabgelenkt seine wackeligen Knie zu analysieren und herauszufinden, wie ruhig man etwas aushalten kann, das einem Angst macht. Als ich wieder an dem View Point angelangt war (natürlich hatte ich mich auch absichtlich ein bisschen verlaufen und musste zum Spurenleser meiner eigenen Fußabdrücke werden), begann der erste Tropenregen meines Lebens, den ich mitten im Dschungel erleben durfte. Ich checkte gedanklich ab, ob alles wasserdicht verstaut war und konnte mich danach völlig den Tropfen ergeben, die mir warm über das Gesicht liefen. Die Welt verdunkelte sich innerhalb von Sekunden und Gewitterwolken sammelten sich über den Felsspitzen. Die Regenwellen zeichneten Muster in den Himmel und ich musste unwillkürlich an den Satz von Hundertwasser denken: ¨Im Regen sind alle Farben satter.¨ Also wenn es einen Ort gibt, an dem dieser Satz zutrifft, dann ist es der Regenwald. Die glänzenden Bäume schienen regelrecht aufzuatmen, der Wind peitschte die Äste zu neuem Leben erwacht durch die Lüfte und alles war erfüllt von Klang, Farbe, Leben und Ursprünglichkeit. Der Zauber der Ursprünglichkeit machte etwas mit meinem melancholischen Gemüt an diesem Tag…etwa so, wie in den Augenblicken, in denen einem eine klare Sternennacht das Gefühl des klein und unbedeutend seins von irdischen Problemen verdeutlicht.
Als ich bemerkte, dass es anfing dunkel zu werden (in Äquatornähe passiert das häufig 😀 ), dachte ich mir, es ist ja jetzt auch nicht nötig, den Abstieg pitschnass, auf eisähnlichen Felsvorsprüngen in der Dunkelheit vorzunehmen. Also quälte ich mich in die Realität zurück und fing an, wieder an den Abstieg zu denken. Das war bei dem Regen gar nicht so einfach…immerhin sind die Regentropfen daumennagelgroß und können einen schon zeitweise blind werden lassen, wenn sie gut treffen. Aber ich schaffte es, sonst könnte ich jetzt schlecht davon erzählen, mit ein paar Schrammen und Ausrutschern und ab und zu an glitschigen Seilen in der Luft schwebend. Als ich von oben bis unten mit Schlamm bedeckt, Blättern in den Haaren und dem Messer in der Hand vom letzten Absatz hinter einem Baum hervor gesprungen kam, saßen drei deutsche Mädels vor dem View Point Schild und überlegten, wer so verrückt sei, sich das anzutun 😀 Sie lachten Tränen, als ich ihnen von meinem kleinen Abenteuer erzählte und meinten, kein Wunder, dass deine Mum keine Lust hat, dich alleine durch Südamerika reisen zu lassen, wenn du so eine verrückte Henne bist. Aber im Endeffekt, hab ich genau das entdeckt, was ich eben bin. Eine bewahrte Kinderseele.
Ich kann strahlen…trotz allem…

Heute betrifft es wohl den Großteil der Welt…
¨Ich irre in diesen europäischen Ländern umher wie ein vogel in einem Treibhaus. Die Menschen glauben, weil ich von einem Ort zum anderen reise, lebte ich ein beneidenswertes Leben. Sie wissen nicht, dass mich letzten Endes jeder dieser Orte enttäuscht – denn über jeden ist der Fluch europäischer Zivilisation ausgegossen, vor dem er vor hundert, ja vor fünfzig Jahren noch verschont war. Die entsetzliche Nüchternheit der letzten 30, 40 Jahre kriecht einem überall nach, ja sie färbt auf einen selber ab: Man verhotellt zuletzt rettungslos. Denn wo kein Hotel ist, da ist kein Platz für dich mit deinem Rohrplattenkoffer und deiner schriftdeutschen Sprache. Ich habe wohl auch meine Zeit an die Großartigkeit unserer Epoche der Technik geglaubt, aber jetzt fühle ich nur noch das Eine: dass sie die Erde entzaubert indem sie alles allen gemein macht.¨ Christian Morgenstern 1907










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