Beiträge mit dem Schlagwort: Dosenöffner

Die Nani-Katze

Ich hab heute erfahren, dass mein Tier zu Hause überfahren wurde. Es passt vielleicht nicht ganz rein, dass ich das jetzt einschiebe, aber mir das Traurig-sein nieder zu schreiben, gehört auch dazu, auf so einer großen Reise. Ich weiß, es ist nicht für jeden nachvollziehbar, wie sehr einem eine Katze ans Herz wachsen kann. Man weint um ein stummes Wesen, als wäre es ein Mensch gewesen. Aber was ein Tier bedeuten kann…das wollte ich heute mal versuchen in Worte zu fassen.

Die Wohnung ist leer, man ist das erste Mal in seinem Leben nach einer schwierigen Trennung allein zu Hause. Man liegt auf dem Boden, schaut nach oben und weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Und im nächsten Moment, da schnurrts neben dem linken Ohr. Man fühlt etwas Weiches, Liebevolles, das die Tränen wegwischt und einem zu verständigen sucht, dass man gebraucht wird. Dass es da ein Wesen auf der Welt gibt, das einen niemals einfach so verlassen würde.

Man ist schlecht gelaunt, kommt von der Arbeit nach Hause und fällt in seiner dreckigen Wohnung aufs Bett. Man soll aufräumen, funktionieren und wach sein, um was aus seinem Leben zu machen, aber hat die Lebenslust in der Arbeit vergessen. Und dann schepperts. Man schreckt hoch und sieht ein verfressenes, dickes Katzengetier, das gerade das Essen, das man sich aufwärmen wollte von der Küche gefegt hat. Man regt sich auf, schimpft, putzt, macht damit weiter und eine Stunde später steht man munter in einer sauberen Bude, grinst stolz vor sich hin und hat ein kleines, quietschendes Tier auf dem Schoß, dass einem immer den Schweinehund austreibt, wenn mans selbst nicht mehr kann.

Eine neue Beziehung und der erste Abend, an dem der neue Kerl über Nacht bleibt. Man kann nicht umhin, irgendwie abergläubisch zu werden, wenn man seine Katze schon lange hat und die auch schon die letzte Beziehung erlebt hat. Man ist gespannt, wie sie reagiert, auf das neue paar Füße, das da unter der Bettdecke hervorguckt. Und es geht einem das Herz auf, wenn man nachts kurz wach wird, weil man etwas Warmes, felliges gespürt hat, und bemerkt, dass die Katze sich zwischen den Neuankömmling und einen selbst gelegt hat…ausgestreckt, eingequetscht (so viel Körperkontakt wie möglich) und als würde sie ihr ganzes Leben auf diese Kombination gewartet haben.

Der Mensch ist der Dosenöffner für das Tier denkt man sich, das weiß man ja schon aus Felidae, und wenn man verreist, dann ist es nur wichtig, dass diese Aufgabe jemand anderes übernimmt. Und dann passiert etwas Merkwürdiges, das Tier schreit die Nächte durch, wenn man nicht da ist. Man ist für etwas einfach gestricktes wie eine Katze unentbehrlich geworden, und weiß in dem Augenblick, dass es kein größeres Kompliment gibt.

Ein Streit bahnt sich an. Zwei Menschen werden lauter, beleidigender, Blitze zucken zwischen ihnen von der Decke. Und dann, mitten in dem tobenden Sturm springt eine wild gewordene Katze vom Fenster gefühlte zehn Meter weit ins Zimmer, landet auf den Füßen und geht dann, als wäre nichts gewesen, ganz seelenruhig zu ihrem Napf und guckt, als würde sie fragen: ¨ Und, bei euch so?¨ Und man kann einfach nicht anders, als loszuprusten, das Tier zu knuddeln, sich in den Armen zu liegen und normal miteinander weiter zu sprechen.

Man ist kurz davor auf Weltreise zu fahren, sitzt am Boden bei seinem Tier und krault die süße kleine Nase, während die Kleine zu lächeln scheint. Und man weiß, hier sind Menschen, mit denen hat sie schon zusammen gelebt. Die werden auf sie aufpassen und sie streicheln, sie hat teures Futter, dass ihr von mir immer wieder nachgekauft wird und alles Spielzeug, das man sich leisten konnte. Und doch…hat man das Gefühl, dieses Tier spürt, dass man sich jetzt lange nicht sehen wird (man merkt es auch daran, dass sie untypischerweise mitten aufs Sofa und aufs Ehegelübde pinkelt). Sie kann nicht aufhören, auf einem herumzuklettern, ist unruhig, schreit die ganze Nacht. Man versucht, mit dem kleinen Wesen zu reden, als wäre es ein Kind. ¨ Ich bin nicht für immer weg, wir werden meinen 40. Noch zusammen feiern, irgendwann hast du einen riesigen Garten ganz für dich…sei mir nicht böse 😦 ¨ – und es war das letzte Mal, dass man sie jemals gestreichelt hat.

So ein Wesen findet man nicht einfach im Nächsten Haustier…das macht die ganze Wohnung und das ganze leben weniger ernst, lustiger, wertvoller…man schmust mehr, ist lebendiger und liebt etwas, das keiner Worte bedarf um unglaublich viel zu sagen…

Ich hab schon so viele tolle Tiere gehabt…aber auch schon zwei eigene die eine echte Persönlichkeit hatten..die Nani und die Moonia waren beide von Grund auf lieb…und verrückt…und glücklich. Sie hatten Gesichtsausdrücke, Gespür, manchmal schlechte Laune, und eine heilende Wirkung auf ihre Umgebung. Ich will nicht sagen, dass es das Gleiche ist, ob ein Mensch stirbt, oder ein Haustier. Aber innen drin…da ist es ein Familienmitglied, ein Freund, ein Zeitzeuge und ein Lebensgefühl, dass mit dem letzten Schnaufen aus dem kleinen Fellknäuel aus dem Leben getragen wird. Und man fühlt sich, ein bisschen, ganz ansatzweise, wie bei einem Kind. Man ist allein verantwortlich für sein Tier…wenn es nicht alt wird, oder manchmal Kummer hatte, dann ist man schuldig und wird dieses Gefühl nicht mehr los…weil man es nicht geschafft hat, seine Versprechen einzuhalten.

Ich weiß, dass die Katze mit den tausend Namen glücklicher denn je gewesen ist, als sie auf dem Land gewohnt hat…und auch, dass das Risiko immer besteht, dass sie dort überfahren werden kann – der Preis der Freiheit. Aber ich will verdammt nochmal niemals vergessen, was es bedeutet, so ein tolles Tier gehabt zu haben und bin froh, dass ich es geschafft hab, sie mit so viel Liebe zu überhäufen, wie ich aufbringen konnte. Das hat sie nämlich umgekehrt auch getan…

¨Objects in the rear view mirror…they appear closer, than they are¨ – Bye mein süßes, starkes Kätzchen. Danke für die getragene Last meines schweren Herzens…ich werde nie wieder jemanden in meinem Leben haben, der so gerne mit mir getanzt hat…

Sollifri

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