Der 12-stündige Flug mit Unterbrechung in Doha war irgendwie nicht so einfach durchzustehen. Es waren sechs Wochen vergangen, seit ich meinen Mann am Flughafen das letzte Mal geküsst hatte und das war wenig, im Vergleich zu dem was ich erlebt hatte…und wenig im Vergleich zu dem was ich geplant hatte…aber es war viel für das Herz. Ich war durchgehend aufgeregt und wusste nicht recht, wie ich sitzen, liegen oder die Spannung in den Griff bekommen sollte. Wie immer schaute ich mir einen Film nach dem anderen an (wenn man schon mal kann) und heulte Rotz und Wasser, bei jeder verdammten emotionalen Szene…was wohl ein eindeutiges Zeichen dafür ist, wie weit offen ich in diesem Augenblick wirklich war. Als ich dem Nino später erzählte, wie mir die Tränen flossen bei Happy Feet kringelte er sich vor lachen 😀 Der Moment, als ich nach einer gefühlten Ewigkeit in Deutschland am Flughafen ankam war völlig irre. Der Sascha wollte mich abholen (es war in der Früh um 6 am Freitag), weil der Nino arbeiten musste und ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich durch die Schleusen ins Freie trat. Es hieß jetzt stark sein, da sein, den Augenblick genießen, nicht streiten und Abschied sowie Wiedersehen immer wieder aufs Neue locker zu nehmen. Das locker nehmen war es, was ich nicht drauf hatte…und was ich durch diese ganze Aktion lernen wollte. Wenn man es sich logisch erklärt, ist es eigentlich alles ganz einfach. Eine echte Liebe kann durch zeitweilige Trennung zwar schwierig, aber nicht kaputt gehen…ein echter Mensch durch die Trennung von seinen Träumen allerdings schon. Das war es, warum ich diese Reise nicht aufgeben konnte. Und ich hoffte von ganzem Herzen, dass wir es schaffen würden und ich am Ende beides haben würde. ¨Liebe in Freiheit¨ war auf unseren Verlobungsringen eingraviert und ich wusste, wir hatten beide ein Beziehungmuster im Kopf, in dem jeder er selbst bleiben kann und nicht für eine Beziehung auf sich selbst verzichten muss…aber zuviel Theorie macht in Herzensangelegenheiten eben verrückt manchmal…immer passt es einfach nicht 😀 Mein Frosch (der Saschi) war völlig verzweifelt am Telefon, als wir versuchten uns mit Auto und Gepäck auf diesem Flughafen zu finden…die erste Zigarette rauchte ich alleine auf dem großen Platz zwischen den Terminals in Flip Flops und Hippie-Hose, und ich genoss vielleicht das erste Mal in meinem Leben die kalte Luft meiner Heimat. Obwohl es früh, und saukalt war, fror ich nicht und empfand auch diesen Teil des Ankommens als unfassbar aufregend. Nach einem guten Marsch mit meinem Monstergepäck trafen wir uns endlich vor dem schon bekannten Parkplatz und waren einfach wie immer 😀 Wir redeten die komplette Fahrt durch und ich erzählte und erzählte und er erzählte und das Gespräch zwischen uns über das Getrennt-sein verlief in einem Satz von seiner Seite, nämlich dass sich zwischen uns nie wieder etwas ändern wird, egal wie lange wir uns nicht sehen können. Und es war auch so…ich schaute ihn von der Seite an und erinnerte mich daran, wie eine Freundin mir erzählt hatte, dass auch für ihn die ganze Sache nicht leicht war. Er sich die ganze Abschieds-Phase streng zurück genommen hatte um den jungen Verliebten Raum zu lassen. Und ich dachte an den Augenblick, in dem wir zusammen in der Stadt im Auto gefrühstück hatten und er kurz zu weinen angefangen hatte bei dem Gedanken, dass ich vielleicht nicht zurück kommen könnte…mir etwas zustoßen würde. Ich liebte diesen Kerl unfassbar…er begleitete mich schon seit 14 Jahren durch alle verrückten Phasen meines Lebens und war immer nah gewesen. Wir waren vom selben Schlag, dramatisch, überemotional, depressiv zu weilen und an anderen Tagen zu positiv um es in unserer Nähe auzuhalten 😀 Und ich hatte in meinem Leben wahrscheinlich mit niemandem mehr gestritten, mehr über jemanden den Kopf geschüttelt und mehr Wut jemandem gegenüber empfunden. Aber er war Familie geworden, eindeutig. Ein Mensch, den man nicht mehr missen will…nie wieder. Den man so nah haben will wie die wenigsten, am besten rund um die Uhr, egal wie qualitativ hochwertig die gemeinsame Zeit genutzt werden kann 😀 Der Nino erklärte mir einmal, dass viele meiner Freundschaften enger sein könnten, wenn man mehr Alltägliches miteinander teilen würde. Solche Dinge wie zusammen einkaufen, sich tagsüber treffen, Filme schauen und sich durch die Berufswelt begleiten. Der Sascha war vielleicht einer der einzigsten, mit dem ich all das durchgehend getan hatte. Wir lebten zusammen, immer wieder und haben uns in den peinlichsten und intimsten Momenten zusammen erlebt. Und das könnte vielleicht der Grund sein, warum wir uns so gut kannten, die besten füreinander waren. Als wir in Stöttwang in unser gemeinsames Kommunen-Haus traten, brachte der Saschi noch mein Gepäck bis vor die Kellertür und war dann schnell verschwunden mit dem Satz ¨genieß es¨. Ich musste lachen bei dem Anblick meines geliebten Vorhangs, den wir in unserer Wohnung statt einer Tür hatten, weil ich vor einem dreiviertel Jahr samt Tür ins Zimmer gefallen war beim feiern und die Jungs hinter mir Tränen lachten, bei dem Anblick 😀 Als ich den Vorhang zur Seite schob, viel mir erst Mal fast Alles wieder aus der Hand. Das ganze Zimmer war hergerichtet…unsere kleine Höhle, aufgeräumt, voller angezündeter Kerzen (das hatte der Saschi irgendwie noch hingebracht bevor ich eintrat glaub ich), in der Küche stand ein riesiger Obstsalat und auf dem kleinen Tisch waren meine Lieblingsblumen in einer Vase…Geschenke, Briefchen, Herzchenkonfetti, Sekt…das ganze Paket 😀 Vielleicht hatte ich mich nie wohler gefühlt, in meinem kleinen zu Hause, als in diesem Augenblick. Ich kicherte vor mich hin und chattete mit dem Nino während ich ein Briefchen und Geschenk nach dem anderen aufmachte. Ich war völlig überwältigt, und die ganze zerfressende Müdigkeit war wie weg geblasen in diesem Augenblick. Die Briefe waren so angeordnet und in den Paketen versteckt, dass ich einen nach dem anderen lesen sollte. Liebeserklärungen, Happy Birthday Luftballons, ein arschteuer aussehendes Armkettchen mit verschiedenen Symbolen daran (zu jedem einzelnen gab es eine Erklärung, was es mit meinem Charakter zu tun hatte), rote Doc Martens und ein letzer entscheidender Brief, den der Nino mit Tinte und Feder geschrieben hatte kamen Stück für Stück zum Vorschein….alles in Tücher und schwarzes Seidenpapier verpackt. Ich glaube so viel Mühe hatte sich für mich in meinem Leben selten jemand gemacht….das Armband, war vielleicht das schönste Geschenk, dass ich je bekommen hatte. Es war von dem Nino und seiner Mum zusammen gestellt worden und es war so Vieles daran, was mich verlegen machte. Ein Herz, für mein großes Herz, ein roter Steinring, für das Feuer in mir. Ein Koffer, für mein Freiheitsverlangen, ein Vogel, für die schöne Singstimme. Ein grüner Ring, für meine Liebe zur Natur, eine Gitarre, für meine Liebe zur Musik…Murano Glas als Erinnerung an unsere geile Hochzeitsreise in Venedig, ein Baum, weil ich mich zu Bäumen verbunden fühle und hoch hinaus will…aber auch tief greife. Und die sich umarmenden Liebenden, damit ich nicht vergesse, dass es jemanden gibt, der mich immer festhalten möchte…der bei mir bleiben möchte. Ich saß da, vor mich hin lachend und mit Tränen in den Augen und las den letzten Satz von dem wunderschönen Brief, der besagte, und jetzt sag endlich laut ¨komm rein¨. Mein Herz schlug auf einmal schneller, als ich es aussprach…und dann hörte ich etwas im Gang. Als der Nino durch den Vorhang kam und breit grinste wär ich fast auf die Schnauze geflogen beim Aufstehen 😀 Das war alles zu viel…ich zitterte, als ich ihn umarmte. So ein aufregender Augenblick…so ein vertrautes Gefühl, jemanden wieder zu riechen und zu spüren, den man liebt aber lange nicht gesehen hat. Sind es vielleicht solche Augenblicke, die das Leben lebenswert machen? War es das vielleicht alles wert? Mir war jedenfalls, als hätte es noch keinen schöneren Geburtstag in meinem Leben gegeben, und er war das schönste Geschenk von allen. Der Nino lachte nur und meinte, glaubst du, ich könnte mir nicht wenigstens einen Tag frei nehmen, wenn du dich schon mal dazu ins Flugzeug setzt und um die halbe Welt fliegst um mich zu sehen? Wir stolperten tapsig durchs Zimmer und saßen lange zusammen im Bett, und schauten uns nur an. Es war unglaublich ihn vor mir zu sehen. Viel Rationales kam nicht aus uns heraus, dafür waren wir zu überwältigt und zu aufgeregt 😀 Wir verbrachten den kompletten Tag im Bett, tranken den Sekt aus der Flasche, schliefen eng verkeilt ein paar Stunden und redeten, hielten uns einfach nur fest und schauten uns in die Augen. Der Lacher des Tages war, als er sagte, dass er ein ganz schönes Klischee erfüllt hatte mit einem Geschenk aus Blumen, Schmuck und Schuhen 😀 Aber das war es nicht…es war special und von Herzen, passte zu mir und hatte nichts Vorgefertigtes. Wie ich diesen Mann liebe, wie romantisch echte Liebe doch sein kann. Nie zuvor hatte ich ein echtes Gefühl für Romantik in einer Beziehung und jetzt…jetzt bin ich ein richtiges Mädchen geworden mit diesem Kerl 😀 Den Tag werde ich für immer als das schönste Wiedersehen meines Lebens in Erinnerung behalten…und ich werde nie vergessen, wie sich mein Herzschlag angefühlt hat, bei dem endlich durchbrochenen Trennungssiegel…dem Sehen dessen, was ich mir mein Leben lang gewünscht habe und jetzt endlich zu meinem leben addieren darf 🙂 Danke mein Schatz….für diese geile Beziehung. Und danke dafür, dass ich ich selbst sein darf. Sollifri
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