Die letzten zwei Tage in Bhukit Lawang, verbrachten wir damit, uns den Knasti wieder vom Hals zu schaffen, Pizza zu essen, mit den zwei Jungs auf ihren Bikes noch die Umgebung zu erkunden und ein holländisches Pärchen zu treffen, das uns mit einem süßen Zettel fragte, ob wir uns ein Taxi nach Tangkahan teilen wollten, damit es billiger werden würde. Ich wollte eigentlich mit den Motorrädern der Jungs fahren, aber meine Mum hat da so ihre Einstellung was Motorräder anbetrifft und hat das einfach mal so über meinen Kopf hinweg entschieden, dass wir das stinkende, wackelige Taxi nehmen sollten 😀 Ich war so sauer…unglaublich. Aber wenn ich im Nachhinein darüber nachdachte, war die Reaktion von Tischibur wieder völlig daneben, weil man ihm seinen Ärger auch ansehen konnte und das einfach Fehl am Platz war. Die Beiden hatten einiges an uns verdient und ich glaube, er kam nicht von dem Gedanken weg, dass da doch noch was laufen könnte. Und als meine Mum sich bei unserer Landtour hinter ihn aufs Motorrad setzte und meinte, dass sie mich bei August sicherer aufgehoben weiß, drehte sich seine Mimik und er sprach die restliche Zeit nicht mehr viel mit uns. Aber das bevormundet sein war es, dass mir mit 26 irgendwie zu krass vorkam 😀 Doch wer könnte sich vorstellen in dem Alter alleine mit seiner Mum noch so eine Reise zu unternehmen und dann NICHT davon ausgehen, dass es Momente gibt, wo sie auch die Mama raushängen lässt? Im Nachhinein alles nicht mehr so wild 😀 Jedenfalls saß ich stinksauer in dem heißen Taxi auf ein paar mir in den Hintern bohrenden Federn, schräg, weil meine Beine sonst keinen Platz gehabt hätten, neben einem Typ, der nicht aufhörte mich zuzulabern 😀 Aber die Mum bekam mit der Zeit ein schlechtes Gewissen und tauschte den Platz mit mir, wodurch ich anfing, mich mit der Holländerin zu unterhalten. Sie und ihr Mann waren um die 45 und sie hatten einen kleinen kenianischen Sohn dabei. Er war vier Jahre alt, adoptiert und ziemlich anhänglich und niedlich. Ich war gerade in meiner Teenie-alles scheiße-Stimmung und plauderte deshalb aus dem Nähkästchen, als sie anfing mir Fragen zu stellen. Es interessierte sie, wie es dazu kam, dass ich alleine unterwegs sein wollte, was zu Hause auf mich wartete, was ich studiert hab, warum meine Mum da ist. Und ich sagte es. Ich erzählte ihr von meinem Traum, der mich 6 Jahre durch Raum und Zeit getragen hatte…davon wie die eine Liebe an ihm zerbrochen ist, und die neue kurz vor seiner Erfüllung begonnen hatte. Ich erzählte von dem Moment, in dem ich dem Nino in die Augen geschaut habe und wusste, das ist in DIESER HINSICHT alles, was ich mir je gewünscht habe. Und gleichzeitig in mir eine Stimme geschrien hat, mach bloß nicht den gleichen Fehler noch einmal. Bleibe dir treu…erfüll dir deine Ziele. Kein Mann ist es wert, sich selbst für ihn aufzugeben. Wie mein Mann mich darin unterstützen wollte, meinte dass er mich so liebe, dass er mich auch mit dieser Reise lieber wollen würde, als jede andere. Wie wir vor Angst vor dem was auf uns zukam am letzen Tag vor Abreise von Venedig Heim kamen und eine Stunde im Auto vor der Tür zusammen weinten, weil wir keine Lust hatten, dass der Abschied beginnen sollte. Wie ich nachdem ich von den ganzen weinenden (und dem lachenden meines Vaters und meines besten Kumpels) Gesichtern durch die Passkontrolle wankte und erst einmal vor Schiss vor dem alleine gestarteten Abenteuer mit tränenverschmiertem Gesicht ein Klo ansteuerte und meinen Mageninhalt entleerte. Wie schlecht es dem Nino und mir ging, in dem ersten Monat…wir beide nicht recht wussten, wie wir mit dieser Situation umgehen lernen sollten. Und wie meine Mum meine tief sitzende Angst vorm allein sein und dem Verlust meiner großen Liebe bemerkte, und einfach Hals über Kopf nach Thailand flog, um mir einen leichteren Start zu schenken. Die Holländerin war gerührt von dem ganzen Drama und meinem Mut, das trotzdem unbedingt gemacht haben zu wollen. Sie meinte, dass sie Lifecoach wäre und selbst auch eine Geschichte zu erzählen hatte, die sie mir in einer ruhigeren Minute anvertrauen wollte.
Als wir ankamen, eröffnete sich uns erst ein kleines Büro, in dem wir unser Zimmer buchten (hatten wir in Stefan Loose gelesen) und dann suchten wir es mit den schweren Rucksäcken auf dem Rücken. Es ging erst einmal über eine laaange wackelige Hängebrücke auf das andere Flussufer, an dem wir dann noch einen einigermaßen langen Weg zurücklegen mussten, bis wir in der allerletzen Bungalowanlage ankamen, in dem wir ein atemberaubend tolles Zimmer bekamen. Es war eine kleine Hütte, direkt an der Klippe zum Fluss hinunter. Der große Balkon war sozusagen ein Überhang zwischen den Bäumen. Unter uns ging es bestimmt 7 – 10 Meter abwärts, bis das reißende Wasser strömte und wir waren wieder inmitten des Dschungels…nun aber auf der anderen Seite 😀 Um uns hüpften ständig Affen, die unsere nassen Klamotten und den gekauften Palmzucker stibitzen wollten, auf dem Geländer neben uns balancierten und uns jeden Tag lustig machten. Und auch einen Hund hatten wir, der jede Nacht unter dem Terrassentisch schlief und uns auf Schritt und Tritt folgte…der war wirklich süß 🙂 Wir faulenzten, aßen, tranken Bier und kamen an, liefen am zweiten Tag zu Fuß bis zu der Elefantenfarm (wegen denen waren wir eigentlich da) und schauten uns lange an, wie die Tiere dort gehalten wurden. Sie hatten fast alle diese Hospitalisierungs-Bewegung, in der sie still stehen und durchgehend mit dem Kopf hin und her wackelten. Doch der Preis für das Elefantenreiten war unsagbar teuer, und wenn man versucht, in der Ferne idealistisch zu bleiben, ist es immer schwer abzuschätzen, welcher Preis den man bezahlen soll angebracht ist und auch den Arbeitern, dem Land, den Tieren nicht schadet. Drücken konnten wir den Preis nicht, egal mit wem wir sprachen, wir mussten laut Regel im Büro buchen, und konnten erst dann wieder die zwei km zu der Farm laufen und etwas mit den Elefanten unternehmen. Das Reiten schminkten wir uns ab, weil wir es einfach zu teuer fanden, und dachten, das Waschen würde den Elefanten selbst vielleicht auch besser gefallen. Also hielten wir uns an die Regeln und buchten das Elefantenwaschen, liefen zu der Farm in Badeklamotten und Tüchern und gingen mit zwei großen und einem kleinen Elefanten zum Fluss hinunter (jeder hatte seinen eigenen Guide dabei…ich hab leider das Wort für den Elefantenguide vergessen :D). Es war ein bisschen gruselig, mit diesen riesigen Tieren den schmalen, matschigen Pfad hinunter zu laufen, und nach einer Vorbereitungsphase (was bedeutet, dass die Guides mit den Händen beim Entleeren der Mägen halfen…:/) gingen wir mit den Elefanten ins Wasser. Der kleinste (der trotzdem riesig war) legte sich auf die Seite und ließ sich von uns mit Bürsten schrubben. Das war so komisch 😀 So ein großes, gewaltiges Tier, das sich für uns klein macht und wie eine Babykatze guckt, während man sich um es kümmert. Sie wollten auch, dass wir uns auf den liegenden Elefanten für Fotos draufsetzen, und das borstige Haar kratzte dabei auf der nackten Haut. Mir ist es immer etwas ungeheuer zu Mute, wenn Naturgewalten von Menschenhand unterdrückt alles tun, was ihnen gesagt wird, weil ich kleiner, unbedeutender Mensch dafür bezahlt hab. Ich kann mich noch erinnern, dass ich damals in Thailand vor vier Jahren lange gesucht habe, bis ich zum Elefantenreiten und -baden eine Anlage gefunden hatte, in der die Elefanten frei herumliefen, Urlaub hatten und wirklich wirklich frei und glücklich wirkten. Ich will das Camp nicht runtermachen, es hieß, dass die Preise deshalb so teuer sind, weil dadurch die freie Elefantenpopulation des Dschungels erhalten würde und die Unterstützung des Staates vor ein paar Jahren weg gefallen sei…aber diese Elefanten wirkten, solange sie im Gehege angekettet an einer Stelle standen, nicht glücklich. Nachts waren sie allerdings frei und solange sie draußen waren, so wie mit uns jetzt, waren sie auch wirklich lustige und normal gelaunte Tiere. Nach der liegender-Elefant-Foto-Session, stellten sich noch zwei von ihnen vor uns und sogen immer Wasser in ihre Rüssel, um uns danach eine Dusche damit zu verpassen. Wir gaben ihnen dafür immer Bananen direkt auf die Zunge und es war wirklich lustig, mit den Tieren zu spielen 😀 Auch drauf sitzen und Fotos schießen war noch drin (es ist, egal wie oft man schon auf einem Elefanten saß, immerwieder hoch…verdammt hoch 😀 ), und dann musste wir uns von den süßen Riesen schon wieder verabschieden…großer grauer Berg 🙂 Auch diese Tiere haben Gesichtsausdrücke, allerdings sieht man, wie erzogen sie sind. Aber wie soll es auch anders funktionieren? So ein Ungetüm muss folgen….sonst kann man keinen Menschen in ihre Nähe lassen. Die Mama war pitschnass und mal wieder hellauf begeistert 😀 Es find an zu regnen und wir gingen den Weg zu unserer Hütte zurück, duschten und waren ein Abenteuer weiter wieder ziemlich glücklich und auf der Suche nach Nahrung. Wir erinnerten uns, dass die Holländer und den Namen ihrer Anlage genannt hatten und fanden sie zu unserer Überraschung auch nach einigen Irrwegen 😀 Sie freuten sich tierisch uns zu sehen, der Kleine lag schon im Bett nebenan, so dass sie ihn hören konnten und wir aßen zusammen und bekamen von ihnen Bier und Rum ausgegeben. Neben uns spielte ein guter Gitarrist am Tisch mit einer schlechten Stimme 😀 und wir lachten und verstanden uns, als hätten wir uns immer gekannt. Und wie vorprogrammiert, ging das Gespräch im Laufe des Abends in die Tiefe.
Und ebenfalls vorgprogrammiert war, dass die beiden mir total viel mitgeben konnten. Die haben sich so von Herzen geliebt und abwechselnd von ihrer Geschichte erzählt, davon, wie sie sich getroffen, gestritten, zusammen erwachsen geworden sind und sie von Anfang an mit offenen Karten gespielt hat. Sie konnte keine Kinder bekommen und hat ihn in dieser Beziehung eigentlich von Anfang an vor die Wahl gestellt, mit ihr und einem adoptierten Kind, oder ohne sie. Und er musste natürlich schlucken, und nachdenken und hat sie aber auf keinen Fall aufgeben wollen. Also haben sie es zusammen durchgezogen und es war kein leichter Prozess. So eine Adoption ist langwierig und sie mussten sich gegenseitig viel stützen, ertragen und an das Ziel erinnern, um es zu überstehen. Nebenbei hat sie mit Krebs, Fehlgeburten und auch manchmal mit seinen Rückziehern zu kämpfen gehabt und das Ende vom Lied war, dass sie trinkend mit uns in Sumatra saßen, darüber strahlten, was sie für ein unglaubliches Kind großziehen dürfen und sich gegenseitig nach all den Jahren anstrahlten, als würde es links und rechts einfach nichts geben, das sie so in seinen Bann zieht. Ich saß da und war einfach von jedem Satz über ihre Geschichte und jedem Blick zueinander schrecklich berührt. Und so erzählte auch ich, abwechselnd mit meiner Mum, die immer versuchte den Nino mit all ihrer Tiger-Mama-Manier in Schutz zu nehmen, davon, was bei mir in dieser Zeit gerade hinter den Kulissen passierte. Also wie der Nino sich anstrengt mich nicht abzuhalten und gleichzeitig zu Hause jeden seiner Schritte als sinnlos empfindet. Und ich so eine große Entscheidung getroffen hab, die mir so wichtig war, aber die Liebe ja auch wirklich echt ist und ich die Reise nicht auf Kosten seiner Psyche oder unserer Liebe durchziehen kann. Und dann hat sie mir etwas sehr schönes gesagt:
¨Die Liebe ist genauso groß und selten, wie die Gelegenheit, sich um seiner selbst willen in die Welt zu stürzen. Dass du geflogen bist, war eine starke und mutige Tat und genauso, ist es wichtig, dass du nicht aufhörst zu schätzen zu wissen, dass dich jemand so sehr liebt, dass er lieber zu Hause zusammen brechen würde, als dich von dir selbst abzuhalten. Natürlich klingt es so, als wäre der Nino noch nicht richtig zu seinem vollständigen Mann herangewachsen…aber das macht in dem Alter ehrlich gesagt noch nicht so viel, so lange seine Liebe erwachsen ist. Du bist jetzt angehalten deine Reise UND deine Ehe auf die gleiche Stufe zu stellen und ihm entgegen zu kommen, wo du nur kannst…ohne auf dich selbst zu verzichten.¨
Das mit dem vollständigen Mann kam daher, dass mir der männliche Part dieser zwei Engel vorher in seiner Erzählung mit einem verschmitzten Lächeln gesagt hat, dass er auch erst zum Mann werden musste, als er diese Frau getroffen hat. Seiner Meinung nach, wird ein Mann erst zum Mann mit einer starken Frau an seiner Seite…ansonsten würde er immer ein Kind bleiben wollen 😀 Er hat es ¨man up¨ genannt und meiner Mum einen unheimlichen Gefallen mit diesem Vortrag getan 😀
Mir kam es vor, als hätte mir zum erstem Mal wirklich jemand geholfen, was diese bescheuerte, langwierige Thema angeht. Natürlich ist es wichtig, dass ich mir treu geblieben bin. Und natürlich ist es nicht planbar, ob man sich unsterblich verliebt. Die beiden waren keine Sekunde erstaunt darüber, dass wir heiraten wollten oder der Sache so viel Gewicht gegeben haben, obwohl ich auf diese Reise gehen würde. Natürlich nicht 😀 Sie sind ja selber Menschen, die alles anders machen als der Rest und mit ihrem adoptierten Kind als Mitvierziger in Budapest leben und versuchen von dort aus, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Sind Reisende, Ungezwungene, und Weltenbeweger. Und so einer, möchte ich auch sein. Ich bin mit einem so herzlichen Kuss auf der Backe von dannen gezogen, dass er noch nachhallte :D, hab mit einem Grinsen im Gesicht mit meiner Mum ein Bier auf der anderen Seite der Brücke getrunken, um dort vor dem Büro, das extra noch einer für mich aufschloss, mit einem Rauschen in der Leitung bei der Steffi vom Reisebüro einen Flug nach Hause zu buchen (nebenbei erfuhren wir, dass die einzige Möglichkeit am nächsten Morgen aus diesem Ort zu verschwinden wäre, in aller Herrgottsfrüh den Public Bus zu nehmen 😀 aber wir beschlossen, dass wir uns noch ein bisschen Tourileben am Lake Toba verdient hatten und dachten uns, na gut, die letzte Tat für die Öffentlichkeit – es war meiner Meinung nach eine große Tat :D), der mein Beweis dafür werden sollte, dass ich beides sehr sehr ernst meine. Meinen Mann zu schätzen und zu behalten und mich zu schätzen…und zu behalten. Sollifri









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