Beiträge mit dem Schlagwort: Ich bin frei

Die Länge ist nicht entscheidend

Ok, ich gebe zu, diese Überschrift ist etwas provokant 😀 Aber wirklich nicht so gemeint, es geht viel mehr um Zeit. Nachdem ich nämlich in letzter Sekunde, auf die Aktion folgend irgendwie per Anhalter an dem Flughafen in Bali anzukommen, noch in diesen Flieger nach Jakarta sauste (die hatten mich schon aufgehört auszurufen, und ich saß im Taxi zwischen den Terminals im Stau fest und rannte den Rest), und von dort dann in das Flugzeug nach Australien stieg, hatte ich einen Aufenthalt in Sydney. Genau 8 Stunden.

Das australische Flugzeug war unfassbar sympathisch, nur männliche Stewards! Und es gab Whiskey im Preis inbegriffen, mal abgesehen von echter Dunkelheit zum Schlafen und einer ganzen Mittelbank alleine für mich. Das war der beste und entspannendste Flug der ganzen Reise, vor Allem wegen dem Whiskey schätze ich. Und dem Vorführungsvideo, das von Kängurus gesprochen wurde. Ich kam morgens um 5 in Sydney an, in Flip Flops, was etwas kühl war, aber ausreichen musste. Denn mein Gepäck wurde schon in das nächste Flugzeug nach Neuseeland weiter geleitet. Mein Traumziel seit 13 Jahren. Ich war so beflügelt von der Vorstellung, endlich im Land meiner Träume zu landen und dort die Herr der Ringe Welt mit eigenen Augen zu sehen, dass ich hellwach war. Ich konnte mich schnell organisieren, mit einem Tagesticket für öffentliche Verkehrsmittel und sauste 30 Minuten lang mit der Bahn durch Australien in die Innenstadt von Sydney. Die Endstation war noch etwas vom berühmten Sydney Opera House entfernt und ich hatte natürlich kein Internet auf meinem Outdoor Handy. Also beschloss ich einfach mit Stadtplan so viel wie möglich aus diesen noch verbleibenden 7 Stunden heraus zu holen, wie ich nur konnte. Ich lief mit riesigen Augen durch diese mir so fremde und aufregende Stadt. Es war witzigerweise das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte auf dieser Reise völlig neuen Boden zu betreten. Asien hatte ich in meinem Leben schon des Öfteren bereist, aber bis hier her zu kommen, das war für mich der Beginn wahren Neulandes. Das erste was ich fand war der botanische Garten, in dem tatsächlich bunte Papageien herum flogen, ein kleiner Bambuswald angelegt war und ich an eine uralte, dicke Eiche gelehnt eine Pause machte mit Eddie Vedder im Ohr. „I know all the rules, but the rules do not know me.“ Richtig, wer sagt, ein Tag würde für Sydney nichts bedeuten? Ich werde ihn mit Bedeutung füllen! Dieses Vorhaben sollte instant belohnt werden, denn der riesige exotische Garten führte tatsächlich ungelogen direkt zum Opernhaus! Da stand ich nun, und kam mir so klein vor. Man hatte es schon auf so vielen Fotos bestaunen dürfen und auf einmal steht man ganz alleine in Regenjacke und bunten Flip Flops mit einer gedrehten Kippe in der Hand vor so einem monumentalen und riesigen Bauwerk. Wie kam dieser Architekt nur darauf? Manche Menschen wissen einfach, dass es Mut, Extravaganz und ein Quentchen Verrücktheit braucht, um etwas Neues zu erschaffen. Hätte ja auch in die Hose gehen können! Ich möchte auch lernen Risikos einzugehen und mich auf meine Intuition zu verlassen. Das Leben ist viel zu wertvoll, um es immer nur im geistigen Zustand durch zu kauen – aber nie darüber hinaus ins tatsächlich Lebendige hinein zu wachsen.

Ich umrundete ehrfürchtig das Opernhaus und stand tatsächlich am gegenüberliegenden Ufer der Harbour Bridge. Logisch, denken sich jetzt vielleicht Viele, weiß ja jeder, dass sich diese berühmten Orte alle an diesem einen Platz befinden. Aber Wissen ist beim Erleben witzigerweise gar nicht so ausschlaggebend. Das selbst Sehen hat etwas so Überwältigendes, dass es auf einen Schlag gar nicht mehr schwer fällt, im Hier und Jetzt tatsächlich zu existieren. Ich stand so fest mit den Füßen in Sydney und schaute so direkt auf diese Brücke wie ich vielleicht selten etwas fest und direkt getan hatte.

Mit dem Ticket konnte ich zu meinem Erstaunen auch in ein öffentliches Boot (wie in Venedig) steigen, um damit unter der Brücke hindurch zu fahren und jede Ecke dieses riesigen berühmten Luftraumes aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Ich atmete die salzige Luft und ließ mir die Haare vom Wind zerzausen. „Ich bin hier, ich bin frei.“ Songzeile Juli. Das Leben berührte mich. Emotionstaumelnd stieg ich aus dem Boot, weil ich nach einer halben Stunde ein Wikingerboot an einer Anlegestelle erkennen konnte. „Das ist doch einfach nur der krasseste Tag überhaupt“, dachte ich bei mir. Und tatsächlich, da wogte ein echtes Wikingerschiff. Mit bunten Schilden an den Seiten und einem schwarz-gelb gestreiften Segel, direkt vor meiner Nase am großen Steg. Man konnte sogar darauf laufen und alles aus der Nähe begutachten. Als ich nach 40 Minuten immernoch auf dem Schiff stand und versuchte mir vorzustellen, eine Wikingermaid auf dem Weg in die Schlacht zu sein, sprach mich ein Mitarbeiter des Museums an, zu dem das Schiff wohl gehörte. Er meinte, wenn ich die Tour durch die Wikingerausstellung noch schaffen wolle, müsse ich jetzt damit loslegen. Das brauchte er mir nicht zwei Mal zu sagen! Ich verbrachte also zwei einhalb Stunden meines Sydney Tages damit, mich durch die Schriften, Bräuche, Götter, Rollenverteilungen und das Stolz- und Ehrgefühl der Wikinger zu tänzeln und hatte das ehrführchtige Gefühl, gerade eine Lektion zu erlernen. Wie begeisterungsfähig ich alleine sein konnte. Und wie so ein Tag ideal gestaltet werden kann vom Schicksal, wenn man sich einfach in so etwas wie einen losgelösten Lebensfluss begibt. Selbstvertrauen, von dem in diesem Museum reichlich zu finden war, ist ein entscheidender Faktor dabei.

Auf dem Weg zurück in den Bahnhof, fand ich noch einen Subway, in dem das Sandwich absolut nicht so schmeckte, wie es sollte. Und irgendwie beruhigte mich das lachend, irgend etwas musste ja auch mal nicht ganz so perfekt laufen. Mit Kaffee, Cookies, und natürlich einem gekauften Bumerang, sowie einem Aistralien-Zippo für den Nino, kam ich dieses Mal rechtzeitig wieder zu meinem Flug und setzte mich völlig beflügelt in den Sitz, der mich zu meiner vorerst für vier Monate letzten Destination begleiten sollte. Ein paar Jungs hatten sich, als wir am Schalter ins Reden kamen, noch sehr verwundert über die Tatsache geäußert, dass ich es genau anders herum machte wie die meisten „Welt-Reisenden“. Ein Tag Sydney, vier Monate Neuseeland. Ja, aber das ist der Ort, dem diese Reise insgeheim gilt. Eine (bzw. zwei) kleine Insel mit jeder Klimazone, keinem einzigen dir schaden wollendem Naturvorkommnis und unendlichen Weiten. Ich glaube da, und nur da, lernt man atmen. Mir kamen die Tränen, als das Informationsvideo dieses Mal von den Charakteren der Herr der Ringe Trilogie aufgeführt wurde. Ich wusste ja, dass große Erwartungen meist nicht der beste Ratgeber sind, bevor man etwas erleben würde. Aber was sollte ich machen? Ich erwartete mir den schönsten Ort meines Lebens! Und weinte schon Tränen der Freude auf dem Weg dorthin. Wenn der Sinn des Lebens das Glück ist, dann war diese Situation die Sinnvollste, die ich mir vorstellen konnte. Vorfreude hatte ich das letzte Mal als Kind auf diese Weise erfahren! Egal was mich erwarten sollte, allein für diesen Augenblick, hatte sich das ganze Vorhaben schon in sich geschlossen mehr als gelohnt. Sollifri

Kategorien: Neuseeland | Schlagwörter: , , , , , , | 8 Kommentare

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