Als wir am letzten Tag am Lake Toba in der Früh von den Jungs an der TABO Lodge abgeholt wurden, war es ein wundschöner, sonniger Tag. Wir fuhren über lange Straßen, an vielen Batakhäusern vorbei, sahen die Menschen dort in kleinen Dörfern leben, große Vulkane in mystischer Größe und Gestalt. Viel Grün, Palmen, Wiesen, Berge und wilde Straßen…die wir alle auf den Bikes über Stunden an uns vorbeifliegen sahen und staunen durften. Der erste Stopp unserer Sightseeingtour war ein altes Batakdorf, das noch im Urzustand erhalten war. Wir konnten in die Häuser gehen, und den Leuten dabei zuschauen, wie sie für die Touris ihre alten Ritual- und Liebestänze aufführten (auch ich hab einmal wippend, mit so einem langen Schal über beide Schultern bei dem Tanz mitgemacht…ist nicht schwer, man tippelt eigentlich nur mit den Füßen langsam vorwärts und schwingt manchmal die Arme dabei :D). Ich fand die Häuser, die Grimassen, die Schnitzarbeiten, die alten Instrumente und das lange alte Kanu total beeindruckend. Unser nächster Halt war zwei Stunden später (unsere Hintern taten langsam schon weh) in einer Schwefelquelle, die zu einem kleinen dreckigen Schwimmbad umfunktioniert war. Geschlechter waren getrennt und einladend sah das mit Algen und Kalk versetzte Schwimmbad nicht aus, aber als wir darin gebadet hatten (es war unfassbar heiß, und scheinbar zum baden noch abgekühlt worden – deshalb das Schwimmbad), fühlten wir uns weich an und waren tiefenentspannt. Wir aßen in der Bar dazu noch einen grässlich schmeckenden Burger, während die Bedienungen lustlos für unsere Bestellungen davon schlurften und wir Übersetzer für sie brauchten, und waren dann auch schon unterwegs zu unserem letzten Halt – dem Kannibalen-Ritus-Dorf. Ja die Bataks waren noch bis vor zweihundert Jahren damit beschäftigt, Menschen zu essen, die Gräueltaten begangen hatten. In dem Dorf standen eigentlich nur ein paar Hütten in einer Reihe, aber ein großer, alter, knorriger Baum in der Mitte machte die Stimmung gruselig. Unter diesem Baum war ein Steinkreis erbaut worden, der die Sitze der verschiedenen Dorfkönige beinhaltete, sowie einen kleinen in der Mitte, auf dem damals dann der jeweilige Angeklagte platziert wurde. Daneben war die Königshütte, mit einem kleinen Käfig gebaut worden, in dem ein Mensch, wenn er gemordet oder vergewaltigt hatte, drei Tage und Nächte ohne Wasser und Brot auf seine Zeremonie vorbereitet wurde. Sie dachten, dass sich das ¨Böse¨, oder ¨schwarzes Blut¨ in solchen Menschen befand, was durch das Fasten ausgeschwemmt werden könnte. Wenn er das überlebt hatte, wurde er ein paar Schritte weiter in einen neuen, größeren Steinkreis gebracht, an dem auch seitlich eine Steinplatte zum Festhalten existierte. Eine kleine Tribüne für die restlichen Bewohner aller umliegenden Dörfer rundete das Bild ab, und Anwesenheit bei dieser Zeremonie ist Pflicht gewesen. Ein kleiner Batakkalender (der konnten wir auch begutachten, war spannend mit lauter verwirrenden Zeichen) zeigte an, welcher Tag für die Zeremonie geeignet war. Und dann ging das blutige, brutale Spiel los. Der Angeklagte wurde festgehalten und am ganzen Körper mit einem eigens dafür angefertigten, reißenden Messer in kurzen Abständen tief aufgeritzt. Wenn er dann komplett aufgeschnitten und schreiend dort lag, wurden zu zusätlicher Reinigung Zitronensaft und Salz in die Wunden geträufelt und gestreut (das ist schon ne ganz schön sadistische Nummer), und danach kopfüber auf einen Stein gezerrt, an dem er den Kopf knieend in eine Mulde legen konnte, um geköpft zu werden. Ein Mann aus dem Publikum (irgendeiner, der vielleicht Bauer war oder sowas) wurde ausgewählt, die Tat mit einem Machetenähnlichen Gegenstand zu vollbringen. Schaffte er es nicht auf einen Hieb, wurde er selbst gleich mitgeköpft, weil dies als schlechtes Omen galt…und so ging es immer fort, bis es einer schaffte. Der Kopflose Körper fand seinen Platz daraufhin auf einem kreisrunden Gabentisch in der Mitte des Steinkreisen, um dort in kleine Stücke zerteilt zu werden. Das herz wurde ausgepresst und auch in Stücken und Kelchen an die Obrigkeit verteilt…der Rest des Körpers vom ganzen Volk verzehrt. So konnten sie sicher gehen, dass das ¨schwarze Blut vernichtet, oder zumindest in so kleinen Mengen an alle verteilt war, dass es keinen Schaden mehr anrichten konnte. Ganz schön ausgefeilt diese ganze Geschichte oder 😀 Die beiden Jungs verausgabten sich bei ihrer Erzählung für uns, zeigten uns alles als Rollenspiel auf und taten so, als würden sie sich gegenseitig köpfen 😀 Die Heimfahrt war wieder im Platzregen, was aber nicht weiter schlimm war, zumindest nicht für uns, wir hatten Ponchos 🙂 Als wir bezahlten, und uns bedankten, sagte uns unser Fahrer, dass er auch einmal für TABO gearbeitet hatte, aber die Chefin einfach zu streng sei und man sich unter solchen Verhältnissen eingesperrt fühle. Da sieht man mal, dass sie für den Perfektionismus, auch sehr gute Arbeiter verlieren konnte. Wir tranken noch einen schnellen Tee und rannten mit unserem Gepäck zum letzten Boot, das uns wieder zurückbringen würde. Die Insel wurde immer kleiner und der See strahlte noch einmal in seinem schönsten Blau für uns um die Wette, bis die Sterne über den Hügeln zum Vorschein kamen. Vor uns saß ein älteres, holländisches Pärchen, das uns erzählte, dass es fünf Kinder groß gezogen hätte. Und jetzt gemeinsam die Tage, die sie noch für sich hatten in Urlaubgebieten arbeitete und dazwischen (sie hatten gemeinsam nur einen kleinen Rucksack als Gepäck dabei, ich schämte mich in Grund und Boden mit meinen ganzen Taschen 😀 ) in ferne Länder reisten. Indonesien war ja lange Zeit so weit ich weiß holländische Kolonie. Deshalb traf man Holländer wohin man nur guckte. Viele von ihnen, so auch dieser Mann den wir gerade kennen gelernt hatten, waren in Indonesien geboren. Wir mochten die zwei noch so verliebten Reisenden und boten ihnen an, mit uns im Taxi zurück zum Flughafen in Medan zu fahren. Sie waren dankbar und wir sparten uns wieder die Hälfte des Preises…das hatten wir dieses Mal alles wirklich nicht schlecht geplant 🙂 Ich konnte mich in dem klimatisierten Auto auf der hintersten Rücksitzbank zum schlafen ausstrecken und wachte nur kurz auf, um einen heißen indonesischen abenteuerlichen Snack mit den anderen zu essen. Als wir am Flughafen ankamen, mussten wir noch die Nacht auf einem Sofa verbringen, die zwar zu Hauf in dem Teil des Flughafens standen, in dem auch die Reisebüros waren, aber auch schon zu Hauf besetzt waren 😀 wir alle vier schliefen mit Ohropax und Schlafbrille zwischen dem ganzen Getösen, und als ich aufwachte hatte ich von dem holländischen Pärchen einen Zettel auf der Tasche liegen, dass sie uns noch ein schönes Leben wünschten und es toll war, uns getroffen zu haben. Ich habe sie noch beim Einschlafen gesehen, wie sie sich ein Sofa teilten und einen Gute-Nacht-Kuss gaben und dachte mir, dass ist eigentlich die beste Art und Weise, seine Liebe nach so einem bewegten Leben am Schluss noch um sich selbst drehen zu lassen 🙂 Als wir am nächsten Tag im Flugzeug saßen, trauerte ich noch einmal kurz dem Dschungel hinterher. Wir verabschiedeten uns in Gedanken von Jacky und freuten uns aber auch darauf, in Bangkok zu landen…und dann als mein Geburtstagsgeschenk den Tigertempel wirklich doch noch mitnehmen zu können 🙂 Wir verrückten Umentscheider…alles haben wollen, nichts planen können und letztendlich trotzdem immernoch bekommen 😀 Die Bauersfrauen halt …Sollifri
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