Wie man sich vorstellen kann, bin ich zwar schon introvertierter als sonst, aber manchmal kreuzt auch ein anderer Mensch meinen Weg 🙂 Derjenige, der mir unter anderem im Gedächtnis geblieben ist, und auch gewissermaßen ein Sinnbild für meine Thailandreise darstellt, ist Gott sei Dank ein Thai gewesen. Es ist nämlich heut zu Tage nicht mehr so leicht wie man denkt, in Thailand wirklich Thais in ihrem echten Lebensraum zu begegnen. Wie sagte eine nette 35jährige Österreicherin zu mir, mit der ich am letzten Abend ein bisschen ¨Rum-philosophiert¨ habe: ¨ Man kommt sich in diesem Land wie ein laufender Geldbeutel vor. Von beiden Seiten ist keine echte Begegnung mehr möglich, weil sich fordernder Touri (ich wills billig, ich will dass du meine Tasche trägst, ich will Abenteuer ohne echte Gefahr) und gieriger Thai (ich möchte, dass du drei mal so viel wie die Landesbewohner zahlst, nur in abgesperrten Touristengebieten bleibst und meine Kultur außen vorlässt, damit ich meine Ruhe vor dir habe) treffen, ohne als Mensch und Mensch voreinander zu stehen. Auf dieser Ebene passiert Ausbeutung von beiden Seiten, und es ist fast nicht möglich, wenn man das Spiel nicht mag, aus diesem System auszubrechen.¨Der Name meines ¨Freundes¨ war Tum, und er war tagsüber Kletterlehrer am Railay Beach, und machte nachts die Feuershow in der ¨Last Bar¨ für die Touristen. Wir trafen uns, weil ich am ersten Abend, in eben genannter Bar saß, und mir mit Bier in der Hand das Spektakel anschaute, die Füße den Gehweg zum Meer herunterbaumeln ließ, und jedes noch so scheußliche Lied mitsang, das in dieser Bar gespielt wurde. Er stand mit den anderen Kerlen, die da oben ohne, und eingeölt, zu hartem Techno mit ihren brennenden Pois und Sticks ein Kunststück nach dem anderen vorführten auf dem Weg, und ließ seinen Stick fallen, als er mich anschaute. Keine Ahnung warum. Ich war irgendwie gut drauf, gefestigt, zielsicher…das hat ihn an meinem Blick vielleicht irgendwie aus der Fassung gebracht. Er schrie lachend ¨that was your fault¨ und kam nach der Show mit einem Eimer! Schnaps zu mir und setzte sich neben mich. Dass es keine Seltenheit ist, dass diese Kerle nach ihrer künstlerischen Darbietung versuchen irgendwelche knapp bekleideten Miezen abzuschleppen, war sogar mir irgendwie bewusst und deshalb stellte ich gleich klar, dass da nichts laufen wird. Zu meinem großen Erstaunen ging er nicht. Er blieb, und das meinen restlichen Urlaub an diesem Ort. Wir unterhielten uns viel über die verschiedenen Leben, die wir führen, tranken ab und zu einen und er brachte nachts oft Essen zu mir ins Bungalow und wollte einfach reden. Diese Erfahrung war für mich anfangs eigentlich recht schön, weil ich ja weiß, dass es nicht einfach ist, jemanden auf einer freundschaftlichen Ebene zu treffen. Aber seine Besuche wurden immer später, immer betrunkener und irgendwann kam es auch dazu, dass er nicht mehr gehen konnte, weil er so betrunken war und wohl über Jahre so viele Probleme in sich reingefressen hatte, dass es ein Geschenk für ihn darstellte, einen Zuhörer gefunden zu haben. Er saß dann teilweise zwei Stunden weinend in meinem Zimmer, und erzählte mir von dem inszenierten Leben, das er führte. Viele Frauen kamen ihn ein Mal im Jahr besuchen, lebten mit ihm dann für mehrere Monate wie ein Paar zusammen und gingen dann zurück zu ihrem Ehemann oder Freund, und er war Geschichte. Neun Jahre lang lebte er nun an diesem Ort…tat tagein tagaus das selbe, spielte immer das gleiche Programm für die Touris ab, bei der immer gleichbleibenden Playlist der Last Bar und führte Beziehungen, die sich buchstäblich in Nichts auflösten…jedes Mal…zwangsläufig. Mir ist zwar schon aufgefallen, dass ich da ein gewisses Muster in meinem Leben aufweise…Menschen mit mir entweder schlafen, oder über ihre Probleme reden wollen (in seinem Fall vielleicht sogar beides), aber es war zu interessant und berührend, was da vor meinen Augen passierte, als dass ich darüber weiter nachdenken wollte. Die Geschichte verlief sich im Sand, als ich ihn am vorletzten Abend aus meiner Hütte werfen musste, weil er drauf und dran war, alles voll zu kotzen und sich einfach neben mich ins Bett legte und einschlief. Das letzte Mal, dass ich ihn sah, war als er nach seiner Show das nächste blonde Liebchen mit in sein Bungalow schleifte, mit einem Eimer Schnaps in der Hand, und so tat, als hätte er nichts zu verlieren.
Mein Eindruck von dieser ganzen Situation war folgender: Dieser Mensch scheinte mir, wie zwischen zwei Welten gefangen. Er hatte sich so viel über seine Jugendjahre hinweg mit Touristen umgeben, dass ihm seine eigentümlichen, landesüblichen Ideale skurril vorkamen mit der Zeit. Gleichzeitig hält ihn aber ein unerklärbarer, innerer Konflikt in diesem inszenierten Rahmen gefangen, weil er tief in seiner Seele ein gläubiger, sehr familienverbundener Thailänder ist, der seine Herkunft nicht einfach ausschaben kann. So ist es ihm unverständlich, wie viel wertloser, käuflicher Sex für uns Westler auf der Tagesordnung steht, und gleichzeitig kann er nicht mehr zurück, und nach dem ersten Date mit einer Thailänderin sofort vor der ganzen Familie begründen, warum er sie nicht heiraten möchte. Deshalb nenne ich es das Spiel mit dem Feuer. Mein Dad hat mal gesagt, man lässt überall, wo man mit jemandem intim gewesen ist, einen Seelensplitter zurück. Wenn das wahr ist, wird von seiner Seele nicht mehr viel übrig sein…und er spielt jedes einzelne Mal, bei dem er nicht auf eine innere warnende Stimme hört, mit dem übrig gebliebenen Teil seiner selbst. Ein wahrer Feuerkünstler….









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