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Das „echte“ Leben

Als ich nach einem Mal umsteigen in Jakarta endlich in Bali ankam, setzte ich mich in schon dämmerndem Tageslicht auf eine Steinbank und rauchte erst ein Mal mindestens 5 Zigaretten, bis ich das Gefühl hatte, dass meine Seele auch angekommen war. Die Welt wirkte so surreal um mich herum, tropische Luft, aufdringliche Taxifahrer vor denen man sein Gepäck verteidigen musste – ein vollkommen fremder Ort, an dem ich natürlich nicht geplant hatte, wohin ich eigentlich wollte, wenn ich aus dem Flugzeug aussteigen sollte. Und ich grinste. Ein Grinsen dass widerspiegelte, wie schön es für mich war, in echte Abenteuer verstrickt zu sein. Auch wenn die erneute physische Trennung von meinem mir mittlerweile sehr bewusst gewordenen Ehemann, eine Melancholie hinterließ, die ich zuvor so nicht kannte, wusste ich, dass alles nur Stationen auf einem langen Weg waren, der nicht immer so viele Überraschungen für uns bereit hält wie so eine Reise – und es diese in voller Wertschätzung zu füllen gilt. Ich packte meinen mitterweile nicht mehr ganz so schweren Rucksack auf den Rücken und suchte mir einen Taxifahrer, der bereit war, mich zwei Stunden bis an die Küste zu fahren. Die vorbeifliegenden Lichter, um 10 Uhr Nachts noch auf der Straße spielenden Kinder, der warme Fahrtwind und das Gefühl der Selbstbestimmung legten sich sanft um mich herum in dem alten Auto und gaben mir das Gefühl, mir treu zu sein. Als wir an einem Ort ankamen, der zu einer anderen Saison sehr touristisch gewesen wäre, war es schon tiefe Nacht und kein Licht brannte mehr in den Häusern. Und obwohl ich vielleicht panisch hätte werden sollen, wo ich die Nacht verbringen könnte, war ich es nicht. Der Taxifahrer wollte mich jedoch nicht schutzlos auf einer dunklen Straße absetzen und fuhr so lange zwischen den verwinkelten Häuschen umher, bis er einen Mopedfahrer fand und direkt in die große Unterkunftssuche mit einspannte. So landete ich eine halbe Stunde später in einem kleinen Zimmer im ersten Stock mit Ventilator, in dem ich sogar ein Wlan Netz fand und zu Hause Bescheid geben konnte, dass alles gut gelaufen war. Wir schrieben uns wie jeden Tag in den Schlaf und versanken in dem süßen Leiden der Einsamkeit, die man nur spürt wenn man liebt und nicht zusammen sein kann.

Die nächsten zwei Nächte verbrachte ich in einem sehr noblen Bungalow mit teuren Bambusmöbeln und einem schönen Pool vor der Tür. Es tat mir gut, mich auszuspannen und viel zu lesen auf den großen überdachten Liegen im Innenhof der Anlage. Bunte Blumen und Palmen waren überall angepflanzt und auch ein Schlangenterrarium war zur Dekoration hinzu gezogen worden. Eine Anlage die aussah, wie eine Bali-Postkarte 🙂 Aber wie das immer so ist, nach spätestens zwei Tagen Relax-Urlaub bekommt man ein schlechtes Gewissen und möchte die sowieso schwach einkalkulierte Zeit nutzen, um Erlebnisse in sein Lebensgepäck zu stopfen. Sobald ich diesen Gedanken zugelassen hatte, bahnte sich schon eine Reisetruppe von fünf Männern in den Mitdreißigern ihren Weg in meine bis dahin so meditative Anlage und machten Wasserbomben in den Pool, spendierten mir Bier und quetschten mich aus, was ich hier eigentlich so alleine täte. Sie baten darum, in meinem Blog erwähnt zu werden, aber nachdem ich ihre Namen  bis heute schon vergessen habe, muss die Vorstellung von Ihnen ausreichen 🙂 Wir hatten schnell Lust, gemeinsam eine Bar aufzusuchen und saßen dort inmitten gemixter Kulturen mit Cocktails und Sparwitzen auf Barhockern und kicherten stundelang vor uns hin. Die kleine Lokalität war liebevoll eingerichtet und viele Lagerfeuersongs wurden von ein paar Balinesen zum Besten gegeben. Als sie in die Runde fragten, ob jemand etwas singen möchte, war ich beschwipst genug um mich zu melden. Also sang ich „Stand by me“ und „Ain´t no mountain high enough“, gemeinsam mit einem der Barbesitzer und brachte es dieses Mal sogar zu standig ovations! Ein bisschen zu viel Erfolg für mein scheues Herz, danach bekam ich nämlich keinen Ton mehr heraus. Wir saßen auf dem Heimweg noch lange mit Bier auf einer Strandliege und beobachteten den Mond über dem Meer. Manchmal versuchte ich mich immernoch kurz zu wecken und daran zu erinnern, dass so nicht das „echte Leben“ aussieht, nur um mich einen Moment später daran zu erinner, dass jeder Teil des Lebens „echt“ ist und es in meiner Hand liegt, wie ich den größten davon verbringen werde.

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Zeit ist relativ…

Am selben Abend, an dem ich ankam, pochten die Jungs darauf meinen Geburtstag noch im Ringkeller ( der Anfang allen Übels) nach zu feiern. Einer knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken, mich sofort wieder teilen zu müssen, aber wir hatten ja noch das ganze Wochenende vor uns, also rafften wir uns auf. Es war irgendwie ein bisschen irre, am Tag davor noch in einem Pool in Bangkok gesessen zu haben, mit einer Kokosnuss in der Hand, und jetzt mit meiner zweiten Familie und lauter Musik überdreht Richtung Kleine vertraute Welt zu steuern 😀 Viele die ich dort traf waren völlig baff und aus dem Häuschen mich zu sehen…es war schön für mich, dass sich nichts verändert hatte und alle noch gleich zueinander waren. Immer wieder kam jemand her und sagte betrunken ein paar Sätze zu mir, die mich auf meinem Weg bestärken sollten und mir Mut machten. Es war viel Gefühl zwischen mir und den Menschen und es schien, als wäre ich wohl doch nicht überall so unnachvollziehbar, wie es mir den Anschein gemacht hatte. Zum Schluss waren der Nino und ich die Letzten, die in der Früh um 5 Uhr noch in eine Garagenparty mitkamen und bis zum Sonnenaufgang mit Manu (ein werdender Freund mit der tiefen, anziehenden Männersingstimme „direct from hell“) Musik machten und redeten. Wir bekamen das Kompliment, dass es etwas Besonderes sei, mit einem Pärchen so feiern zu können, ohne dass die beiden dabei aufhörten zusammen zu sein. So fühlte es sich auch für mich an, wir waren natürlich lächerlich oft am Knutschen und uns anstrahlen, aber hatten auch viel zu sagen und ich war zufrieden mit dem Bild, dass wir zusammen abgaben. Wir fuhren betrunken, glücklich und schmusend bei hellichtem Tag mit dem Taxi nach Hause und verbrachten das restliche Wochenende damit, uns anzuschmachten und wenig an zu haben 😀 Die Woche darauf, war eher schwierig, weil der Nino arbeiten musste und es nicht leicht war, sich zu beherrschen – darüber zu stehen. Er war den kompletten Tag nicht da, und wir schrieben uns jede freie Sekunde. Ich versuchte das Brief-und Rechnungschaos zu bewältigen, dass meinem Mann (der alles für uns beide erledigte, während ich weg war) über den Kopf gewachsen war. Und auch die Probleme, die durch das Getrennt-sein aufgekommen waren, blieben natürlich nicht aus. Wir diskutierten über falsch und richtig des sich gegenseitig Brauchens, und hatten ein paar ernstere Fights darüber wie es jetzt weiter gehen würde. Man sah ihm an, dass er unter der Situation litt und irgendwie war es auch für mich nicht leicht, mich komplett weg gezogen zu fühlen, während er vor mir stand und so ehrlich fühlte. Wir waren gerade mitten drin in unserer Streitphase, als der Autounfall passierte. Die Straßen waren glatt und wir wollten Abends ein Geschenk für den Geburtstag vom Puschl (Ninos bestem Kumpel) vorbei bringen. Als wir vor dem hiesigen Kino die Straße entlang fuhren übersah uns ein Merzedes und das ging natürlich nicht gut aus, für den kleinen türkisen, nicht wintertauglichen Peugeot. Der andere Fahrer stand auf entgegen gesetzter Fahrbahn auf der Linksabbiegerspur und zog vor uns einfach raus. Wir hatten keine andere Chance als frontal mit 60 Sachen in ihn rein zu brettern. Natürlich waren wir beide nicht angeschnallt und wir bekamen einen ganz schönen Klatscher durch diese Aktion. Der Nino knallte mit seinem Kopf gegen die Frontscheibe und blutete wie wild aus seiner mit Splittern versehenen Stirn, während ich mit Kopf und Rippen auf dem Lenkrad abprallte und kurz ohnmächtig wurde. Als ich erwachte, bekam ich keine Luft und röchelte vor mich hin, während mein Mann einen Schock von diesem Anblick bekam und versuchte, mich zu beruhigen. Auch der Fahrer bekam das alles mit und hielt meine Hand, ganz reuemütig, während ich versuchte, wieder Luft zu bekommen. Als wir im Krankenwagen saßen konnte ich nur immer und immer wieder an das leidende Gesicht denken, dass dieser mir so teure Mensch gemacht hatte, als er seine Angst um mich eines der einzigen Male in unserem Leben nicht verbergen konnte. Er war mein Kindheitsheld in dieser Situation. Blieb ruhig und lächelte mich durchgehend an. War fürsorglich und liebevoll und machte sich unfassbare Sorgen, während er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Im Krankenhaus wurden wir geröngt und saßen beide in Rollstühlen, während wir uns fest anschauten und uns gegenseitig versuchten den Schreck weg zu streicheln. Schon komisch wie das Leben so spielt…aber mir wurde damals bewusst, was ich vorher nur wusste – dass jeder Moment zwischen uns zählt. Jeden Augenblick, den wir nicht zusammen waren, könnten wir nicht mehr sein oder uns verloren haben. Der Gedanke machte mich ganz verrückt…und das nicht nur aufgrund der ziemlich schweren Gehirnerschütterung. Es ging mir beschissen und mir wurde dauernd furchtbar schlecht, wenn ich nicht liegen konnte. Die Ärztin wollte mich im Krankenhaus behalten und den Nino nach Hause schicken, aber das konnte ich mit diesen rasenden Gefühlen und der noch schneller rasenden Zeit nicht aushalten. Ich wollte mit ihm zusammen sein und hatte das Gefühl, nirgends auf der Welt besser aufgehoben zu sein, als in seinen Armen. Also entließ ich mich auf eigene Faust und wir wurden das zweite Mal seit dieser Beziehung von Ninos Mum vom Krankenhaus abgeholt. Sie sah besorgt aus, als sie uns zu Hause raus ließ und ich spürte, wieviel Liebe mittlerweile in meinem Leben existierte. Die nächsten Tage kümmerte er sich um mich, während ich schlecht schlief und die Kopfschmerzen fast unerträglich waren. Ich konnte mich nicht gut bewegen und schwankte immer, wenn ich aufs Klo ging. Aber wir redeten viel, schauten Filme und lachten uns kaputt angesichts der Schnelllebigkeit und Ironie unserer gemeinsamen Start-Phase. Bald war ich zwar noch traumatisiert, aber hatte keine großen Schmerzen mehr. Wir regelten alles mit dem völlig geschrotteten Auto über einen Anwalt und bekamen sogar einen Mietwagen bezahlt und etwas Schmerzensgeld. Und auch die Zeit hatten wir jetzt natürlich zusammen, dadurch dass der Nino sich krank schreiben ließ (ihn hatte es schon auch ganz schön erwischt…immerhin hat er sich ein dreiviertel Jahr später noch einen riesigen Splitter aus der Schläfe gezogen…aber irgendwie wollte er mehr für mich da sein, als sich um sich selbst zu drehen). Als ich wieder einigermaßen laufen konnte, versuchten wir die letzten paar Tage noch ein bisschen Freundschaftspflege zu betreiben, bei meiner Ju-bu vorbei zu schauen, den Geburtstag vom Saschi zu feiern (ich hatte ihm einen coolen Bilderrahmen aus Bangkok zum Geburtstag mitgebracht, in den ich ein Gedicht und Fotos von uns steckte) und das klappte auch alles halbwegs gut, ich war nur immer etwas neben der Spur. Und auch die geprellte Rippe machte mir zu schaffen…es tat insgesamt bestimmt zwei Monate lang weh beim Atmen und das liegen, geschweige denn fliegen war die Hölle. Die Ju erscheinte uns noch als ein kleiner Engel und brachte ein riesiges Fresspaket zu uns nach Hause, mit Essen, Kippen und allem möglichen Krims-Krams – alle sind um einen herum, die wirklich zählen, egal wie verrückt sie dich finden mögen. Wenn es mir so richtig schlecht geht, mache ich mir noch mehr Gedanken über das ganze Leben als sonst. Als wir an diesem weiteren letzten Abend zusammen im Bett lagen, platzte es auf einmal aus mir heraus. Wir hatten viel gestritten, viel erlebt, viel durchgemacht und viel gelacht und geschmust in diesen drei Wochen und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir diese ganze Arbeit umsonst gemacht haben sollen – dass wir uns immer wieder so zusammen rauften, nur um danach wieder alles durch die Distanz vergiften zu lassen. Ich rief meinen Dad an und erklärte ihm, wie es uns ging. Mein Papa hatte durchgehend Verständnis gehabt, Verständnis für meine Reise, Verständnis dafür, dass ich noch etwas alleine für mich zu klären hatte und auch dafür, dass diese Liebe echt und groß war und glaubte an uns..vom ersten Augenblich an. Einfach so. Der kritischste Mensch, den ich habe in meinem Leben hat einfach nichts Schlechtes an diesem ganzen Leben finden können 😀 Ich fragte ihn, ob er mir Geld leihen könnte. Erklärte ihm wie wichtig und schön die Zeit für mich war, die ich alleine verbracht habe und noch werde und wie sehr ich trotzdem verstanden hatte, was Zweisamkeit für eine Verantwortung mit sich zieht. Und dass ich meine Reise nicht aufgeben möchte…aber meinen Mann auch nicht. Er stimmte zu. Er sagte, er gibt uns was, damit wir einen Teil der Reise zusammen machen können und erwartet im Gegenzug von uns, dass wir im nächsten Jahr zurück kommen und beide den schon vorhandenen Erwachsenen in uns akzeptieren…für uns und unser Leben gerade stehen können. Ich war hin und weg. Hab ich mir doch nicht die größten Chancen ausgerechnet, dass er JA sagen würde 😀 Und so saßen wir beide da und fingen an Pläne zu machen, wie das alles von Statten gehen könnte. Wie der Nino kündigt, wir die Schulden und den Unterhalt bezahlen, wann er zu mir kommen könnte und wie wir uns dann die Kohle einteilen. Ich weiß, dass der Nino in diesem Augenblick unglaublich über sich hinaus gewachsen ist…wie schon die ganze Beziehung davor. Er war noch nie weit fort gewesen, würde Vieles vermissen und musste sich ganz schön weit aus der eigenen Komfortzone heraus begeben, um mit mir monatelang um die Welt zu ziehen und dann wieder von vorne zu beginnen. Ich denke, er tat es aus Liebe. Ihn interessierte nur, bei mir zu sein…während ich versuchte seine Begeisterung für Neuseeland in ihm auszulösen 😀 Als ich wieder im Flugzeug saß, um nach Bali zu fliegen (ganze 5 Tage, das würde ein Act werden 😀 ) wusste ich, dass ich schon wieder alles bekommen hatte, was ich wollte 🙂 Er würde zu mir kommen, einen Tag nach Weihnachten…nach Neuseeland. Ich würde noch zwei Monate alleine haben, aber mit der Gewissheit, dass wir auch noch ein Abenteuer zu zweit erleben könnten, bevor das große Leben zu Hause wieder los ging. Man sollte meinen, dass wir jetzt um die Wette gestrahlt hätten…aber so sind wir nunmal nicht 😀 Wir leideten wieder still vor uns hin angesichts des Abschieds und hatten es schwer, die Zeit bis zum Wiedersehen durchzuhalten. Aber wir hatten etwas, worauf wir uns freuen konnten…und wir hatten uns letztendlich beide einen T-Rex-Schritt aufeinander zu bewegt. Ich fühlte zum ersten Mal in meinem Leben, was es bedeutet, wenn jemand dich in seinem Leben zur Hauptfigur macht. Ich hätte die Liebe in dem Moment anfassen können…so präsent offenbarte sie sich in meinem Leben mit dieser (auch vor allem seiner) Entscheidung. Sollifri

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Kerzen

Der 12-stündige Flug mit Unterbrechung in Doha war irgendwie nicht so einfach durchzustehen. Es waren sechs Wochen vergangen, seit ich meinen Mann am Flughafen das letzte Mal geküsst hatte und das war wenig, im Vergleich zu dem was ich erlebt hatte…und wenig im Vergleich zu dem was ich geplant hatte…aber es war viel für das Herz. Ich war durchgehend aufgeregt und wusste nicht recht, wie ich sitzen, liegen oder die Spannung in den Griff bekommen sollte. Wie immer schaute ich mir einen Film nach dem anderen an (wenn man schon mal kann) und heulte Rotz und Wasser, bei jeder verdammten emotionalen Szene…was wohl ein eindeutiges Zeichen dafür ist, wie weit offen ich in diesem Augenblick wirklich war. Als ich dem Nino später erzählte, wie mir die Tränen flossen bei Happy Feet kringelte er sich vor lachen 😀 Der Moment, als ich nach einer gefühlten Ewigkeit in Deutschland am Flughafen ankam war völlig irre. Der Sascha wollte mich abholen (es war in der Früh um 6 am Freitag), weil der Nino arbeiten musste und ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich durch die Schleusen ins Freie trat. Es hieß jetzt stark sein, da sein, den Augenblick genießen, nicht streiten und Abschied sowie Wiedersehen immer wieder aufs Neue locker zu nehmen. Das locker nehmen war es, was ich nicht drauf hatte…und was ich durch diese ganze Aktion lernen wollte. Wenn man es sich logisch erklärt, ist es eigentlich alles ganz einfach. Eine echte Liebe kann durch zeitweilige Trennung zwar schwierig, aber nicht kaputt gehen…ein echter Mensch durch die Trennung von seinen Träumen allerdings schon. Das war es, warum ich diese Reise nicht aufgeben konnte. Und ich hoffte von ganzem Herzen, dass wir es schaffen würden und ich am Ende beides haben würde. ¨Liebe in Freiheit¨ war auf unseren Verlobungsringen eingraviert und ich wusste, wir hatten beide ein Beziehungmuster im Kopf, in dem jeder er selbst bleiben kann und nicht für eine Beziehung auf sich selbst verzichten muss…aber zuviel Theorie macht in Herzensangelegenheiten eben verrückt manchmal…immer passt es einfach nicht 😀 Mein Frosch (der Saschi) war völlig verzweifelt am Telefon, als wir versuchten uns mit Auto und Gepäck auf diesem Flughafen zu finden…die erste Zigarette rauchte ich alleine auf dem großen Platz zwischen den Terminals in Flip Flops und Hippie-Hose, und ich genoss vielleicht das erste Mal in meinem Leben die kalte Luft meiner Heimat. Obwohl es früh, und saukalt war, fror ich nicht und empfand auch diesen Teil des Ankommens als unfassbar aufregend. Nach einem guten Marsch mit meinem Monstergepäck trafen wir uns endlich vor dem schon bekannten Parkplatz und waren einfach wie immer 😀 Wir redeten die komplette Fahrt durch und ich erzählte und erzählte und er erzählte und das Gespräch zwischen uns über das Getrennt-sein verlief in einem Satz von seiner Seite, nämlich dass sich zwischen uns nie wieder etwas ändern wird, egal wie lange wir uns nicht sehen können. Und es war auch so…ich schaute ihn von der Seite an und erinnerte mich daran, wie eine Freundin mir erzählt hatte, dass auch für ihn die ganze Sache nicht leicht war. Er sich die ganze Abschieds-Phase streng zurück genommen hatte um den jungen Verliebten Raum zu lassen. Und ich dachte an den Augenblick, in dem wir zusammen in der Stadt im Auto gefrühstück hatten und er kurz zu weinen angefangen hatte bei dem Gedanken, dass ich vielleicht nicht zurück kommen könnte…mir etwas zustoßen würde. Ich liebte diesen Kerl unfassbar…er begleitete mich schon seit 14 Jahren durch alle verrückten Phasen meines Lebens und war immer nah gewesen. Wir waren vom selben Schlag, dramatisch, überemotional, depressiv zu weilen und an anderen Tagen zu positiv um es in unserer Nähe auzuhalten 😀 Und ich hatte in meinem Leben wahrscheinlich mit niemandem mehr gestritten, mehr über jemanden den Kopf geschüttelt und mehr Wut jemandem gegenüber empfunden. Aber er war Familie geworden, eindeutig. Ein Mensch, den man nicht mehr missen will…nie wieder. Den man so nah haben will wie die wenigsten, am besten rund um die Uhr, egal wie qualitativ hochwertig die gemeinsame Zeit genutzt werden kann 😀 Der Nino erklärte mir einmal, dass viele meiner Freundschaften enger sein könnten, wenn man mehr Alltägliches miteinander teilen würde. Solche Dinge wie zusammen einkaufen, sich tagsüber treffen, Filme schauen und sich durch die Berufswelt begleiten. Der Sascha war vielleicht einer der einzigsten, mit dem ich all das durchgehend getan hatte. Wir lebten zusammen, immer wieder und haben uns in den peinlichsten und intimsten Momenten zusammen erlebt. Und das könnte vielleicht der Grund sein, warum wir uns so gut kannten, die besten füreinander waren. Als wir in Stöttwang in unser gemeinsames Kommunen-Haus traten, brachte der Saschi noch mein Gepäck bis vor die Kellertür und war dann schnell verschwunden mit dem Satz ¨genieß es¨. Ich musste lachen bei dem Anblick meines geliebten Vorhangs, den wir in unserer Wohnung statt einer Tür hatten, weil ich vor einem dreiviertel Jahr samt Tür ins Zimmer gefallen war beim feiern und die Jungs hinter mir Tränen lachten, bei dem Anblick 😀 Als ich den Vorhang zur Seite schob, viel mir erst Mal fast Alles wieder aus der Hand. Das ganze Zimmer war hergerichtet…unsere kleine Höhle, aufgeräumt, voller angezündeter Kerzen (das hatte der Saschi irgendwie noch hingebracht bevor ich eintrat glaub ich), in der Küche stand ein riesiger Obstsalat und auf dem kleinen Tisch waren meine Lieblingsblumen in einer Vase…Geschenke, Briefchen, Herzchenkonfetti, Sekt…das ganze Paket 😀 Vielleicht hatte ich mich nie wohler gefühlt, in meinem kleinen zu Hause, als in diesem Augenblick. Ich kicherte vor mich hin und chattete mit dem Nino während ich ein Briefchen und Geschenk nach dem anderen aufmachte. Ich war völlig überwältigt, und die ganze zerfressende Müdigkeit war wie weg geblasen in diesem Augenblick. Die Briefe waren so angeordnet und in den Paketen versteckt, dass ich einen nach dem anderen lesen sollte. Liebeserklärungen, Happy Birthday Luftballons, ein arschteuer aussehendes Armkettchen mit verschiedenen Symbolen daran (zu jedem einzelnen gab es eine Erklärung, was es mit meinem Charakter zu tun hatte), rote Doc Martens und ein letzer entscheidender Brief, den der Nino mit Tinte und Feder geschrieben hatte kamen Stück für Stück zum Vorschein….alles in Tücher und schwarzes Seidenpapier verpackt. Ich glaube so viel Mühe hatte sich für mich in meinem Leben selten jemand gemacht….das Armband, war vielleicht das schönste Geschenk, dass ich je bekommen hatte. Es war von dem Nino und seiner Mum zusammen gestellt worden und es war so Vieles daran, was mich verlegen machte. Ein Herz, für mein großes Herz, ein roter Steinring, für das Feuer in mir. Ein Koffer, für mein Freiheitsverlangen, ein Vogel, für die schöne Singstimme. Ein grüner Ring, für meine Liebe zur Natur, eine Gitarre, für meine Liebe zur Musik…Murano Glas als Erinnerung an unsere geile Hochzeitsreise in Venedig, ein Baum, weil ich mich zu Bäumen verbunden fühle und hoch hinaus will…aber auch tief greife. Und die sich umarmenden Liebenden, damit ich nicht vergesse, dass es jemanden gibt, der mich immer festhalten möchte…der bei mir bleiben möchte. Ich saß da, vor mich hin lachend und mit Tränen in den Augen und las den letzten Satz von dem wunderschönen  Brief, der besagte, und jetzt sag endlich laut ¨komm rein¨. Mein Herz schlug auf einmal schneller, als ich es aussprach…und dann hörte ich etwas im Gang. Als der Nino durch den Vorhang kam und breit grinste wär ich fast auf die Schnauze geflogen beim Aufstehen 😀 Das war alles zu viel…ich zitterte, als ich ihn umarmte. So ein aufregender Augenblick…so ein vertrautes Gefühl, jemanden wieder zu riechen und zu spüren, den man liebt aber lange nicht gesehen hat. Sind es vielleicht solche Augenblicke, die das Leben lebenswert machen? War es das vielleicht alles wert? Mir war jedenfalls, als hätte es noch keinen schöneren Geburtstag in meinem Leben gegeben, und er war das schönste Geschenk von allen. Der Nino lachte nur und meinte, glaubst du, ich könnte mir nicht wenigstens einen Tag frei nehmen, wenn du dich schon mal dazu ins Flugzeug setzt und um die halbe Welt fliegst um mich zu sehen? Wir stolperten tapsig durchs Zimmer und saßen lange zusammen im Bett, und schauten uns nur an. Es war unglaublich ihn vor mir zu sehen. Viel Rationales kam nicht aus uns heraus, dafür waren wir zu überwältigt und zu aufgeregt 😀 Wir verbrachten den kompletten Tag im Bett, tranken den Sekt aus der Flasche, schliefen eng verkeilt ein paar Stunden und redeten, hielten uns einfach nur fest und schauten uns in die Augen. Der Lacher des Tages war, als er sagte, dass er ein ganz schönes Klischee erfüllt hatte mit einem Geschenk aus Blumen, Schmuck und Schuhen 😀 Aber das war es nicht…es war special und von Herzen, passte zu mir und hatte nichts Vorgefertigtes. Wie ich diesen Mann liebe, wie romantisch echte Liebe doch sein kann. Nie zuvor hatte ich ein echtes Gefühl für Romantik in einer Beziehung und jetzt…jetzt bin ich ein richtiges Mädchen geworden mit diesem Kerl 😀 Den Tag werde ich für immer als das schönste Wiedersehen meines Lebens in Erinnerung behalten…und ich werde nie vergessen, wie sich mein Herzschlag angefühlt hat, bei dem endlich durchbrochenen Trennungssiegel…dem Sehen dessen, was ich mir mein Leben lang gewünscht habe und jetzt endlich zu meinem leben addieren darf 🙂 Danke mein Schatz….für diese geile Beziehung. Und danke dafür, dass ich ich selbst sein darf. Sollifri

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Zum Geburtstag?….Nen Plüschtiger!

Wir waren langsam schon geübt im Schleppen, öffentliche Verkehrsmittel in der rauchigen Stadt Bangkok zu benutzen und uns durch die Menschenmassen und schreienden Händler hindurch einen bequemen Weg zu bahnen (na gut, die Mum mehr als ich 😀 Da gab es die Situation, bei der wir aus dem Flugzeug aussteigend alle gemeinsam in einen Bus sollten, der uns zum Terminal fuhr…das ist dann ungefähr so abgelaufen, dass die Mum als Erste und ich als Letze im Bus war, sie einen Platz hatte und ich nur weg gestoßen wurde und am Ende an die Scheibe gequetscht dastand 😀 Der Satz meiner Mutter zu dieser Situation: ¨Das beste Beispiel dafür dass dir die Ellenbogentechnik im Leben fehlt!¨ Na toll. Aber wenn Ellenbogentechnik  zurückschubsen bedeutet, was habe ich letztendlich WIRKLICH davon? Ich weiß, in der Welt in der ich lebe, schein ich mit dieser Einstellung immer nur zu verlieren…aber auf lange Sicht gesehen, mach ich vielleicht auch einen Unterschied?). Wir schliefen eine weitere Nacht in unserem mittlerweile alt bekannten Hotel mit Swimmingpool unter dem lila Smog-Himmel und schlemmten, schliefen wie die Babies und buchten unsere Tour zum lang ersehnten Tigertempel. Nun waren wir zusammen und doch auch schon getrennt etliche Male in diesem Land gewesen, und doch hatten wir es nie geschafft, diesen Tempel mitzunehmen. Und die Mum träumte schon seit Jahren davon. Man konnte es sich nicht ganz vorstellen, hatte man doch nur Dokus zu diesem mysteriösen Ort gesehen, und doch scheinte es ihn wirklich zu geben. Diese letzte große Aktion, bevor ich am nächsten Tag für 3 Wochen nach Hause fliegen sollte, war mein Geburtstagsgeschenk meiner Mami in diesem Jahr für mich 🙂 Es war der 29. Oktober, einen Tag bevor ich 27 werden sollte, und wir standen früh früh auf, checkten aus, nahmen noch das Frühstück mit, verstauten unser Gepäck in der dafür vorgesehenen Kammer in der Lobby und fuhren Stunden über Stunden eingequetscht in einem Minibus durch die Gegend, die wir noch nicht so genau kannten…Richtung Norden. Angeblich soll Nordthailand, da wo es kein Meer gibt, noch ursprünglicher sein….dort haben sich über die Jahre scheinbar die echten Thais angesammelt, um sich vor dem Massentourismus zurück zu ziehen. Bis dorthin drangen wir allerdings nicht durch, wir kamen irgendwann auch wirklich an, in diesem Tempel, und wurden erst einmal zum teure Klamotten kaufen geschickt, weil wir ihnen zu knapp bekleidet waren (waren wir nicht, glaubt mir das, ich weiß, was knapp bekleidet bedeuetet 😀 ). Aber die Regel war ¨no red for the tigers, no sexy for the munchs¨. Wir hatten also tolle Tigertempel-T-shirts und konnten endlich in den riesigen Park gehen. Natürlich war unsere Gruppe plus Guide schon längst verschwunden, als wir umgezogen aus dem Klo kamen, aber ich war nicht traurig darüber…der Kerl ging mir mit seinem ¨quick, quick, quick¨ tierisch auf die Nerven…ich bin doch nicht unterwegs, um ständig nur gestresst zu werden 😀 So weit wir wussten, bestand der Tempel aus so vielen Tigern, wie Mönchen. Die Tiger sind angeblich in einem Meditationszustand, wenn man ihnen nahe kommt, durch die tiefe Verbindung zu ihren Mönchen. Das Projekt scheint einmalig auf der Welt zu sein, und keiner kann sich wissenschaftlich erklären, warum diese ganzen, teilweise riesigen, Raubkatzen noch nie jemanden zerfleischt haben. Spiritualität meint die Mum…und ich denke mir, hoffentlich ist es das wirklich…nicht Sedierung. Aber über Medikamente gibt es keine Gerüchte, allerdings darüber, dass die Mönche so viele Tigerbabies bekommen mittlerweile (gefunden und geboren), dass sie viele davon für die Finanzierung der restlichen an China verscherbeln, die dort Gott weiß was mit ihnen für ihre scheinbar kulturell bedingte Impotenz anstellen. Diese Chinesen…überall erschießen sie vom Aussterben bedrohte Tiere, Nashörner in Afrika, Wale im Pazifik usw. Um sich daraus nicht funktionierendes Potenzmittel herzustellen. Hätte Gott bei diesen kleinen Penisen kein Erbarmen zeigen können? Der hat ja nicht gewusst, was er damit anrichtet…Naja, jedenfalls scheinen Mönche und Tiger dort auch gemeinsam zu speisen. Mönch trockenen Reis, Tiger Schüssel voll rohem Fleisch, alle nebeneinander und ganz friedlich. Es gibt Fotos, wie die Tiger mit den Mönchen zu Hauf frei in diesem nicht zu Gesicht zu bekommenden Tempel herumspazieren, und es scheint eine merkwürdige Harmonie über dieser ganzen Szene zu liegen. Die touristische Seite sieht jedenfalls etwas anders aus. Wir kamen erst einmal durch ein riesiges Gehege an lauter Bisons, Ziegen, Schweinen und Rehen vorbei (die rennen da alle zu Hauf auf dem großen Gelände frei herum…das alleine ist eigentlich schon eine Attraktion) zu einem kleinen Wasserfall, an dem auf einem Stein ein kleiner Tiger zum Posen herhalten musste. Er war ungefähr so groß wie ein 9 Monate alter Golden Retriever, und benahm sich auch so 😀 Er kaute auf irgendwelchem Spielzeug herum, badete manchmal und viele viele Touristen stellten sich an, um sich zu ihm zu setzen, und ein Foto mit ihm zu machen. Der Tiger schien schon lange dort zu sitzen und zu ¨ arbeiten¨, denn er war schon gestresst, fauchte manchmal und haute mit der Pranke aus, bis die Voluntärinnen (diese ganze komplette Veranstaltung war geführt von jungen Leuten aus anderen Ländern, die dort so etwas wie tierische Entwicklungshilfe leisteten…das wär ja auch eine geile Stelle gewesen oder :D) ihn an einer Leine, wie einen Hund, abführten und einen neuen kleinen Tiger holten. Naja, aber wenn wir schon einmal da waren, sollten wir vielleicht auch ein Foto mit so einem Tiger hinbekommen, also stellten wir uns auch an und als ich an der Reihe war, merkte ich wieder, wie bei Jacky, meinen Heidenrespekt vor diesen wilden Geschöpfen dieser Welt. Er ist zwar im Tempel geboren worden (wahrscheinlich), aber er bleibt auch ein Tiger und das merkt man im Verhalten….das wird niemals eine riesige Hauskatze werden. Ich musste mich hinter ihn knien und sollte ihn fest anfassen, weil leichte Berührungen ihn scheinbar zum Spielen animierten. Ich machte es erst Mal falsch natürlich 😀 Ich legte zaghaft meine Hand auf seine Seite und er drehte sich um, wie eine wilde Katze und schnappte mit den Pfoten nach mir und spielte auf dem Rücken liegend, als hätte er einen Wollknäuel gefunden…die Krallen immer eingezogen. Das erweichte mir das Herz, es erinnerte mich zu sehr an meine Punani, als dass ich weiterhin Angst hätte haben können 😀 Also rubbelte ich ihm fest den Bauch und er streckte sich genüßlich aus, um mit mir für ein unvergessliches Foto zu posen. Die Mami tippelte schon vor Ungeduld und war als Nächste dran. Man konnte ihr die Aufregung wieder im Gesicht ansehen…wie hatten es die Tiere nur geschafft so einen riesiegen Platz in ihrem Herzen einzunehmen? Sie saß da mit hochrotem Gesicht und ich machte so viele Fotos, wie ich nur konnte (auch von der Seite, denn von vorne hatten die Voluntäre ihre Kamera), um ihr die Erinnerung so lebendig wie möglich zu erhalten…ich wusste, dass sie lange lange von diesem Tag geträumt hatte. Ganz hin und weg davon, einen Tiger angefasst zu haben, gingen wir weiter durch eine kleine Felsschlucht, an deren Ende sich der nächste Tigerplatz befand. Aber dieser, war einer der anderen Sorte. Man durfte nur einzeln rein und musste sich in Schlangen anstellen, bis man an der Hand! Von Voluntären zu den einzelnen herumliegenden RIESIGEN Tigern geführt wurde, um mit fast jedem fotografiert zu werden. Die Mum regte es auf, dass wir das nicht zusammen erleben konnten, aber aufgeregt war sie trotzdem, das konnte man an ihrem roten Gesicht erkennen 😀 Ich fand es höchst unangenehm, wie ein Kind an der Hand durch die ganzen Tiger geführt zu werden, die da zu 20igst dösend in dem Gehege verteilt an Ketten lagen. Die waren sooooo ruhig, dass es eindeutig nur eines von beidem gewesen sein kann…eine ¨sleep-well-spritze¨ oder Meditation. Ein Mönch saß zwischen all diesen Tigern (der erste den wir sahen), und redete Kopf an Kopf mit einem dieser Ungetüme und liebkoste ihn. Dieses Bild war das erste, das mir authentisch vorkam…das sah irgendwie einfach wie echte Freundschaft aus. Wir saßen also immer mal wieder bei einem großen großen Tiger, den wir anfassten, Fotos mit ihnen machten, ich öfters mal einen Schwanz ins Gesicht bekam und dann war die Situation auch schon wieder vorbei. War aber auch schwer zu begreifen…wir schwebten noch Wochen in einem Hochgefühl deswegen, aber in diesem Augeblick mussten wir das erst einmal verarbeiten. Wir suchten uns einen Stein, auf dem wir eine Rauchen konnten und erzählten uns, was wir gerade erlebt hatten (waren zwar dabei, aber sowas muss man schon ergründen 😀 ). Die Nächste Aktion, die folgen sollte, war etwas, das wir vorher dazubuchen konnten. Die Entscheidung lag für 30 Euro Pro Person bei einer halben Stunde mit den großen, oder einer halben Stunde mit den kleinen Tigern zu spielen. Wir haben uns für die kleinen entschieden, aber konnten, bevor es anfing noch dabei zuschauen, wie die Touris in dem großen Gehege in der Mitte mit den schon ausgewachsenen, aber noch jungen Tigern das selbe Spiel trieben. Das Gehege war rund, und hatte ein Wasserloch, das direkt an der 4-5 Meter hohen Steinmauer platziert war. Die Touris standen alle mit langen Stecken, an deren Ende so etwas wie knisternde Plastiksäcke befestigt waren, in dem Wasser und ließen die Riesen immerwieder darauf zu springen, sie nass spritzen und damit hantieren, als wären sie kleine Kätzchen 😀 Der Größenunterschied war es allerdings, der mich irgendwie ziemlich glücklich machte, dass ich gerade nicht da unten stand. Die vier bis fünf Tiger sprangen immerwieder gewaltig in die Luft, packten die Tüten, rissen mit den Zähnen daren, kämpften einen Meter vor den ganzen Menschen miteinander im Wasser und waren total wild gemacht. Alle lachten, und kreischten und viele Eltern und Kinder standen mit uns an der Steinmauer, um das Spiel zu begutachten. Einer dieser Väter, hatte die Idee seine kleine 8-jährige Tochter auf die Mauer zu setzen, damit sie auch etwas sehen konnte. Den Plan konnte er genau eine Sekunde umsetzen, denn dann war der Tiger schon die Wand hoch gesprungen und hatte die Kleine am Bein. Das alles geschah ungefähr drei Meter neben uns, und der Daddy des Jahres konnte seine Kleine gerade noch so aus den Fängen zurückziehen, die eine große Fleischwunde am Bein mitgenommen hatte. Sie schrie natürlich und wurde von den Voluntärinnen verarztet, aber diese ganze Situation legte sich innerhalb von Minuten und sie entschied sich, trotzdem noch mit zu der bezahlten Tour zu den Tiegerbabies zu kommen. Mutiges Mädchen dachte ich bei mir, während ich immernoch zitternd auf die wilden Tiger in dem Gehege starrte. Noch nie jemandem was passiert ja? Die Voluntärinnen erklärten uns, dass die großen Tiger aggressiv auf Kinder reagieren, bzw. Mit ihnen spielen wollen…ich dachte mir so, nachdem ich ja nicht die größte Person auf diesem Planeten bin, ob der Tiger das dann unterscheiden kann…dass ich schon groß bin und die Kleine neben mir nicht, die höchstens noch einen Kopf braucht, um die gleiche Höhe zu erreichen 😀 Also ich bin immernoch froh gewesen, nicht dort unten gewesen zu sein…und war auch wieder ein bisschen schlauer, Tiger sind also Kinderfresser…Meine Mutter hielt mich ab dem Zeitpunkt egal was wir noch taten immer fest 😀 Sie zog mich ständig von irgendwo zurück, zerquetschte mir die Hand und reagierte immer mit so einem Mama-Reflex (vor mich stellen, zurückstoßen und solche Späße), sobald uns ein Tier zu nahe kam 😀 Als wir bei dem kleinen Käfig ankamen, in dem wir mit den Tigerbabies spielen sollten, sagte die Voluntärin noch zu der kleinen Attakierten ¨ you are my hero today¨, ja meiner auch, dachte ich mir. Ich hatte Muffensausen ohne Ende, als wir zu den fünf hundegroßen Tiger ¨babies¨ in den Käfig spazierten und jeder eine Flasche mit heißer Milch bekam, um sie zu füttern. Kleine Hunde vielleicht ja…aber noch Hunde 😀 Die kleinen Tiger waren wild und sprangen einem immer hinten in die Beine, wo man sie dann wegstoßen sollte, meinte die Frau. Ich versuchte mein bestes, einem dieser Tiger eine Flasche anzubieten und schaffte es nur, mit der Hilfe von allen den kleinen Tiger wirklich mal ganz süß an der Flasche saugen zu sehen. Alle spielten wieder mit den Kleinen mit diesen Stecken und machten Fotos was das Zeug hielt. Die Mum war wieder voll dabei, und bekam ihre Flasche gleich in mehrere Tiger, spielte mit den Kleinen und übte sich im Umgang mit ihnen. Ich sah schon wieder in ihren Augen, wie sie sich vorstellte, auch so einen Job zu machen 😀 Sie verarschte mich ununterbrochen, weil ich immer die Ängstlichste von allen war, Abstand wahrte und wartete bis ein Tiger von selbst zu mir kam (was aber auch passierte manchmal), aber ich fand mich ganz unfassbar mutig 😀 Auch wenn alle Kinder um mich herum das Spiel weniger gefährlich als ich zu finden schienen…inklusive meiner Mum 😀 Mit was für Tieren ich wegen dieser Frau in meinem Leben wohl noch so umgehen lernen muss? Jetzt will sie riesige Schlangen auf ihr Grundstück in Zanzibar aufnehmen, Schlildkröten (gut, die find ich wirklich cool) und was kommt als nächstes? Ein großes Wasserloch mit einem wild gewordenen unhappy Hippo in der Mitte, dem man NUUUUR einen Tanz aufführen muss, bevor man es füttert, damit es einen nicht frisst? Aber wenn man einen Schritt versaut, hat man leider verloren in diesem wunderbaren Spiel des Lebens 😀 Ich war stolz und auch froh und irgendwie ein bisschen berührt von den kleinen Tigern, als wir den restlichen Weg zurück nahmen, um das große Finale des Tages zu erleben. Wir kamen noch an dem Käfig vorbei, in dem der Angriffs-Tiger wild brüllte und die kleine noch einmal hallo zu ihm sagte, und dann fanden wir uns alle in einem länglich gebauten Steinweg wieder, der in einer Höhle endete, aus der man aus lauter Gucklöchern nach dem spähen konnte, was jetzt noch großes zu kommen schien. Und dann kam er…der MEGATIGER!! Dieses Tier war einfach nur ein Elefant. Er war glaub ich schon um die 26 Jahre alt, männlich und hatte seinen dazupassenden Riesenmönch dabei, der diesen Koloss an der Leine an uns vorbeiführte. Der Tiger setzte sich auf einen Baumstumpf auf den Arsch, und überragte so sitzend seinen zwei-Meter Mönch, der sich seine riesigen, gesichtgroßen Pranken um die Schultern legte und ihm eine zur Größe passende riesige Babyflasche zum Trinken gab. Das war ein Bild 😀 So ein großes Tier das da nuckelnd ruhig gestellt wird…um, ihr dürft raten, als Touri seine Fotos mit ihm machen zu können 😀 Und wir stellten uns an. Ich konnte ein paar Fotos erhaschen, von diesem tausend Meter großen Tier, aber nur schwer, weil meine Mutter drohte mir die Hand vor lauter Sorge abzureißen, wenn ich mich bewegte 😀 Genau in dem Moment, in dem wir mit dem Foto (das erste gemeinsame) dran gewesen wären, sagte uns die Voluntärin, dass der Tiger jetzt keinen Bock mehr hätte (er brüllte auch schon ganz bedrohlich), und wir es das nächste Mal versuchen könnten. Das nächste Mal…hm. Ob es das geben wird? Das war ein bisschen traurig, andererseits, wär das wieder eine Situation gewesen, in der ich einfach froh wäre, wenn sie vorbei ist 😀 Unser Riesentier wurde an sowas wie einer Hundeleine (die hätte ihn im Leben nicht halten können, wenn er gewollt hätte) wieder abgeführt, und das große Finale war vorüber. Aber dieses Tier werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Ich hab nicht gewusst, dass Tiger sooo groß werden können. Zum Abschluss rannten tausend große Tiere (alle die ich vorhin aufgezählt habe) zu hunderten unfassbar schnell als eine große wild durcheinander gewürfelte Herde an uns vorbei, weil es scheinbar für sie Futter geben sollte. Das war ein Getöse und Getrappel. Es waren so viele, dass wir gar nicht wussten wo wir hinschauen sollten. Sie alle sammelten sich an einer Stelle, an der das Futter zu liegen schien und standen dann da, teilweise wieder wirklich große Tiere, alle zusammen und aßen. Aber die größeren Bisons oder Büffel oder was das waren, schlugen auch aus, wenn man an ihnen vorbeiging, das war alles wirklich ein bisschen science fiction an diesem Tag 😀 Auf der Heimfahrt MUSSTEN wir noch an so einer historischen Brücke (irgendwas mit Weltkrieg) anhalten, an der wir einfach nur einen ganz tollen Maiskolben aßen und träumend die restliche Fahrt nach Hause mit dem Kopf bei den Tigern hingen. Die Mum hatte die toten Hosen auf ihrem Handy und gab es mir um Musik zu hören. Da fiel mir das erste Mal auf, wie wenig Musik ich in all diesen Wochen gehört hatte. Und das, obwohl sie mir so wichtig ist. Da muss meine Mami kommen, und mir sagen, dass mir Musik wichtig ist, mir einen USB-Stick mit aller Musik von mir geben, die sie noch auf ihrem Computer hatte, damit ich mal wieder in der Realität ankomme. Das sind die Kleinigkeiten, an denen man merkt, dass es einem nicht so gut geht, wie es einem gehen sollte, wenn man solche unglaublichen Dinge erlebt. In dem Moment, in dem mir das klar wurde, machte mir die Mum das Lied von den Hosen ¨nur die Liebe zählt¨ an. Und mir rannte eine kleine Träne über das Gesicht. Irgendwie ist es bei mir doch auch so gewesen. Ich renne um die ganze Welt, so wie er in dem Lied, um meine fiesen Erinnerungen auszulöschen und irgendwann wirklich bei ihm landen zu können. Währenddessen hält er in unserem gemeinsamen Leben die Stellung…ohne mich. Und ich erwarte, dass er das gut macht. Dass er mich ziehen lässt, dass er mich versteht. Obwohl er schon alles hatte, was er sich gewünscht hat…nämlich mich. Er ist nicht derjenige, der in der Vergangenheit fest hängt und noch irgendwelche unvereinbaren Sehnsüchte in sich herum trägt. Das bin nur ich…und nur ich versetze uns in die Situation, dass wir zwar echte Liebe gefunden haben, aber auch damit kämpfen müssen, nicht zusammen sein zu können. Und beide immer halb das Leben leben, dass ich noch für uns ausgesucht habe, bis wir ganz zusammen sein können. Wirklich eine tolle Frau, die du dir da ausgesucht hast, sprach ich in Gedanken zu meinem Mann. Das ist die ganz extravagante Form von Eroberung, die sie verlangt, wenn man sein Leben mit ihr verbringen will 😀 Und dabei bin ich gar nicht so undankbar wie es wirkt. Ich war noch nie dankbarer, als in dem Augenblick, in dem er mir das vor aller Augen gesagt hat…ich will wirklich bei dir bleiben. Und so dumm das viele finden mögen, ich hätte es keinem…wirklich keinem Menschen mehr auf dieser Welt geglaubt, wenn da nicht dieser eine Engel gekommen wäre, und mich wirklich überzeugt hätte. ¨We got married in a fiever¨…ja das stimmt vielleicht, aber das Fieber hält an…und so wie ich es empfinde, sollten wir diese beschissene Phase jetzt wirklich zusammen durchstehen, dann tut es das für immer. Für manche ist es Blasphemie, für andere unerreichbar. Aber für mich ist es Realität geworden…es gibt die Liebe, und sie kann auch ganz bestimmt ein Leben lang halten, nur die Arbeit die dafür notwendig ist, sollte man nicht unterschätzen 😀 Und so werde ich den morgigen Tag, meinen Geburtstag, im Flugzeug verbringen, um ihm zu zeigen, dass er für mich genauso wichtig ist, wie ich selbst, und dass ich ihn schätze, liebe und nicht im Stich lasse…auch wenn ich beladen bin mit Emotionen, die ich mit mir selbst ausmachen muss, um mich bereit für dieses Leben zu Hause zu fühlen, das da auf uns wartet. Und wenn er das schafft, dann bekommt er das ganze Paket von mir…alle Spießigkeit und Verantwortlichkeit die ich nur aufbringen kann 😀 Hätte ich allerdings einfach losgelegt damit, ohne vorher durchzuatmen und alte Wunden zu heilen, wäre es in die Hose gegangen…dafür kenne ich mich gut genug. Ich muss mir treu bleiben…sonst verwelke ich. Sollifri

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