Zwei Nächte auf unseren halb aufgeblasenen Isomatten und einer Begegnung mit Rango (großes Chamäleon mit geradem Schwanz und grinsendem Gesicht, der sich in der zweiten zu unseren Füßen gesellte und mich unentwegt anstarrte bis ich Angst bekam 😀 ) weiter, hatte uns die Aufbruchsstimmung wieder. Die kommende Mission war ganz nach meinem Geschmack. August (der uns immer sympathischer wurde, weil er einen immer freundlich und sportlich wie er war, umsorgte wie eine Oma und das Essen jeden Tag noch ausgefallener und fabelhafter wurde) sprintete mit Zeltplane, Kochutensilien und Holz auf dem Rücken wie ein Fantasy-Waldläufer (oder der Nachrichtenüberbringer von Zelda) vor uns zum neuen Lager, und wir drei kamen mit Stock bewaffnet langsam durch das Wasser flussaufwärts hinterher. Durch den täglichen Sturzregen, der auch teilweise schon nachmittags einsetzte und in dem wir ja übermütig wie wir waren einen Trekk hingelegt hatten (Tschibur lachte er hätte noch nie in seinem Leben Leute im Regen durch den Dschungel geführt), war alles an Kleidung feucht, nass oder sogar schon am schimmeln (meine Messerscheide und meine Ledersandalen, sowie der Reisepass, den ich logischerweise und gut durchdacht im Dschungel ganz besonders dringend gebrauchen konnte). Aber da die Luftfeuchtigkeit und das Klima tropisch und heiß waren, fror man selten und wurde sehr schnell immun gegen schlechte Laune, was nicht trocknende und modrige Kleidung anbetraf 😀 Und so lief ich quietschvergnügt über Stock und Stein (auch manchen Fels) durch den stark strömenden Fluss, auf meinen schimmelnden Sandalen und machte mir manche tiefe Stelle oder rutschige Oberfläche zu einer neuen Herausforderung, durch gefüllte Hände voller gefundener bunter Steine, die jetzt natürlich zum tragen und nicht mehr zum klettern benutzt werden mussten 🙂 Die Mum hatte an dem Weg weniger Spaß, dafür war sie bei unseren Bergauftouren nicht ein mal annähernd so fertig gewesen wie ich.
Als wir drei Stunden später wiedermal ziemlich nass und glücklich an unserem zweiten Lager ankamen, rauchte schon das Feuer von August, wir bekamen heißen Tee, Kekse und eine wunderschöne Aussicht geboten und wurden immer seliger mit unserem Abenteuer.
An diesem Tag schienen wir energetisch allerdings zu strotzen 😀 Denn uns war es einfach noch lange nicht genug mit dem Klettern und rutschen und baden und vor allem mit dieser unfassbar geilen Atmosphäre. Wir gingen also zu zweit in Bikinis und barfuß noch ein bisschen weiter den Fluss entlang, was man nicht lange als ¨gehen¨ bezeichnen konnte. Die Sonne scheinte an diesem Tag durchgehend und glänzte hier und da durch das satte grün um uns herum, zeichnete tanzende Schatten auf die umgefallenen Baumstämme und Felsen auf denen wir todersmutig balancierten und brachte den rauschenden Dschungelbach zum glitzern. Das Lager war direkt an das Ende des geraden Flusslaufes platziert, hinter dem sich ein kleiner Wasserfall vor dem nächsten größeren Befand und so ging es immer fort. Wir erklommen die ersten beiden noch über die Felsen und Bäume auf der rechten Seite des Flussufers und mussten bald darauf schon in das kühle klare Nass springen um weiter zu kommen.
Während wir da so barfuß und mutig alleine rumtapsten war mir, als würde ich für einen kurzen Augenblick die Szene von oben beobachten und in mich hinein lächeln, wie cool es doch ist, so einen Scheiß mit seiner Mum zu machen. Mit 26 Jahren, irgendwo in Sumatra, mitten im Dschungel. Keine Menschenseele ist um einen herum und jeder Schritt den du tust, könnte der erste sein, der an dieser Stelle je gelaufen wurde.
Wir fanden auf der nächsten Erhöhung (das war der dritte Wasserfall in Folge, dieses Mal schon um die fünf Meter hoch) einen Weg, die nassen Felsen durch Steinmulden, in die unsere Füße passten, zu erklimmen. Auf dieser Erhöhung war schon so etwas wie ein Teich, in dem man auch komplett versinken konnte, zu finden. Wir badeten, tauchten und freuten uns tierisch richtig mit Wasser bedeckt den ganzen Schlamm und Schweiß richtig abwaschen zu können, der sich im Laufe der Zeit an einem festsetzt bei so einem Leben 🙂
Aber damit war natürlich noch nicht genug, denn immerhin konnte ich ja sehen, dass es da noch weiterging. Zuerst dachten wir, das wäre das Ende unseres Trips, denn dieser Wasserfall hatte schon eine Länge von sieben Metern und die Steine waren so glatt und rutschig und vor allem steil, dass man sie so wie wir dastanden, nicht hätte besteigen können. Aber da sah ich einen großen, der Länge nach umgefallenen Baumstamm, der genau aus unserem Teich bis an die Spitze des Wasserfalls reichte 🙂 Sah nass aus, und alt. Wenig steil war er auch nicht und an manchen Stellen hätte man an ihm nicht hinunterfallen sollen, denn der Weg war doch etwas länger als ungefährlich kurz. Aber ich probierte es kurz über dem Wasser aus und merkte, dass man mit den Füßen trotzdem einen guten Halt hatte auf der Rinde (bei späterer genauerer Betrachtung haben wir auch ein paar Kerben in dem Holz bemerkt, also musste wohl auch schon mal jemand vor uns auf diese Idee gekommen sein 😀 Und auch August ging DIESEN Weg zum nächsten Lager wieder alleine mit seinem Monstergepäck – also waren wir wohl nicht Entdecker, aber immerhin vielleicht die ersten Touris, die den Stamm bezwangen 😉 ). Wir gingen also wie Tarzan, bevor er das Laufen auf zwei Beinen lernte, diesen Baum hinauf und wackelten wie Äffchen mit den Hintern dabei 😀 Zu meinem Erstaunen, war auch die Mum noch nicht müde und wollte auf keinen Fall unten bleiben. Und dieses Mal, als wir aufgedreht und keuchend auf der höchsten Stelle der zu erklimmenden glänzenden Wasserfälle angekommen waren, tat sich vor uns etwas auf, das man mit einem ¨Crystal Pool¨ beschreiben könnte. Das Wasser war glasklar, sauber, kalt und wunderschön. Es gab in dem großen Becken viele vereinzelte tiefe Stellen, in denen man schwimmen konnte und eine weckte ganz besonders unsere Aufmerksamkeit. Wir bahnten uns einen Weg durch den mittlerweile schon stärker reißenden Fluss, und konnten dort, wo das Wasser von dem nächsten Wasserfall einschlug, eine Stelle finden, die mit einem Whirlpool hätte verglichen werden können. Das Wasser sprudelte durch den Fall von unten nach oben, und ein kleiner Steinkreis, in den man sich bequem wie in eine Sitzbank lümmeln konnte, bot Schutz davor, abgetrieben zu werden. So saßen wir also in unserem selbst entdeckten Dschungelwhirlpool, lachten über die Situation, schauten verträumt nach oben in die hohen Wipfel der Bäume, atmeten die saubere, in Unmengen vorhandene Luft ein und hörten Affen, Vögel, Wind, Wasser und Luftblasen. Sonst nichts. Sogar eine Rückenmassage konnte man sich geben lassen von dem herunterströmenden Wasserstrahl…besser als jedes deutsche Schwimmbad, das muss man dem Dschungel schon lassen…Luxus pur 😀
Also diese abenteuerliche Aktion hatte sich schon mal gelohnt muss man sagen 😀 Was ich da gesehen und gefunden und gelacht und gespürt hab…das bleibt mir im Gedächtnis. Sowas ist einzigartig im Leben…obwohl so simpel. Und wie es dann weiterging war auch nicht zu verachten 😀 Wir mussten ja dann doch irgendwann auch wieder runter von unseren ganzen bestiegenen Wasserfällen 😀 Und so lösten wir uns durchgebrodelt von unserem Crystal Pool und setzten uns auf den oberen Rand der nassen, glitschigen Steine des 7-Meter-Wasserfalls, um zu überlegen, wie wir das jetzt andersrum anstellen sollten. Der Stamm sah umgekehrt verdammt steil aus und die Steine waren so rutschig, dass man nicht mal auf ihnen stehen konnte…geschweige denn herunterklettern. Ich sah, dass der Lauf des Wassers eine Biegung machte und nach der Hälfte der Strecke ein Felsenabsatz zu finden war, an dem man dann nach links auf einen trockenen Vorsprung übersetzen könnte, statt nach Rechts mit dem Wasser in die tiefe zu strömen und im unbekannten Getöse zu verschwinden. Ich machte der Mum den Voschlag, dass ich versuchen wolle auf dem Hintern bis dorthin zu rutschen…langsam versteht sich…um dort dann zu bremsen und den Rest wie logisch geplant auszuführen. Sie nickte brummelig (immer besorgt diese Mamas) und ich rutschte…flutsch…und weg. Ich war innerhalb von einer Zehntel Sekunde so schnell, dass das Bremsen an dem Vorsprung in ein als Schanze verwenden umfunktioniert wurde und raste in einem Affentempo mit dem stürzenden Wasser über ein paar spitze vorstehende Felskanten in das schwarze tiefe Loch. Alles was ich hörte war Getöse, ein Schrei von hinten, dann Geblubber und dann war ich auch schon wieder oben 😀 Spitze Felskanten konnten mir bei meinen Polstern nur Geschwindigkeit verschaffen, statt Verletzungen und so hatte ich einfach nur eine geile Dschungel-Wasserfall-Rutschpartie ergattert 😀 (Wenn ich ehrlich bin, ist mir in dem Moment, in dem ich nicht wie geplant bremsen konnte einfach nur das Herz in die Hose gefallen…ich hatte glaub ich selten in meinem Leben so Schiss vor dem, was mich erwarten könnte und ein umso breiteres Adrenalingrinsen auf dem Gesicht, als ich auftauchte und bemerkte, dass es einfach nur geil war 😀 ). Die Mum lachte, und schüttelte gleichzeitig den Kopf von oben (meist gesehene Pose in meinem Leben von ihr zu mir) und schaffte es dann doch, mit rutschen und tasten und sich Zeit lassen bis zu dem Baumstamm und den dann verkehrt herum hinunter. Wäre wohl einfacher gewesen das von vorneherein zu probieren 😀 Aber ich hätte meine geile Story nicht im Kasten…die werd ich meinen Kindern noch erzählen 😀 Mit Stolz geschwellter Brust ohne Applaus sondern nur gelangweilte Gesichter dafür zu bekommen, weil ich sie dafür davon abgehalten habe noch eine Stunde zu zocken vor dem Schlafen gehen 😀 Wir kamen nach dem Erlebnis hungrig und rechtzeitig zum Sonnenuntergang am Lager an und mampften, und erzählten und strahlten was das Zeug hielt.
An dem Abend hatten wir den Regen genau so abgepasst, dass er begann, wenn wir in Sicherheit waren. Aber es regente so heftig, dass wir in der NachtAngst haben mussten, bald vom Fluss weg getragen zu werden. Und so saßen wir zu viert ängstlich das Wasser beobachtend hinter dem Schutz unserer Wandplane (von außen konnte man wohl bloß vier Augenpaare und Haarschopfe sehen) und spekulierten darüber, was wer macht, wenn ein Tiger, eine Schlange, eine Flut, ein Riesenvaran, ein Nashorn oder ein Elephant kommen würde. Tschibur meinte er könnte uns beschützen und wir sollten einfach nur ruhig sein, Fotos machen und uns freuen 😀 Die Mum war nicht davon überzeugt…meinte sie würde unsere Guides verfüttern um ihre Tochter zu retten und ich…naja, ich dachte mir, beides schwierige Charaktere 😀 Aber eine echte Lösung hatte ich ehrlich gesagt auch nicht…habe mich an dem Abend dafür entschieden, es mal damit zu versuchen, keine Angst zu haben (Will Smith mäßig zu ghosten also)…denn Angst zieht ja bekanntlich nur an, was man am wenigsten möchte. Also schlief ich im Jahrhundertregen wie ein Baby und wachte im Gegensatz zum Rest ausgeschlafen, glücklich, entspannt und vor allem bestätigt wieder auf 🙂 Sollifri









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