Kennt jemand den Film ¨Son of Rambow¨? Nicht dass ich jetzt so übermütig geworden wäre…aber ein bisschen abenteuerlustig schon 🙂 Es ist auch wirklich ein Trugschluss, zu glauben, man könnte durch denken, schreiben, Sport machen, reden, Guitarlele spielen und eigene Untiefen ergünden alleine über Wochen glücklich werden. Es ist schon auch das Erleben notwendig, um das Leben zu spüren. Mal ganz abgesehen davon, dass man nicht durch zwei Wochen mit einem Stift in der Hand zu Shakespeare wird und auch nicht durch tagelanges Grübeln zu Kant. Als diese Erkenntnis auch endlich mal zu mir durchgedrungen war, hab ich mich mit Wildnismesser, Feldflasche und Neoprenschuhen ausgestattet, um endlich mal auf eigene Faust zu abenteurern. Gelesen hatte ich ja nun doch schon einiges davon, wie schön das sein soll 😀 Beim Vorbeilaufen an den Felsen zum schönsten Strand der vier zur Verfügung (prahnang beach) stehenden, hatte ich vor Tagen ein View Point Schild entdeckt, das einfach steil den Berg hinaufzeigte. Daneben war auch ein etwas absurdes aufgestellt, auf dem stand, dass von dort Fallschirm springen verboten sei, was mich so zum lachen gebracht hat, dass ich auch die Möglichkeit nicht mehr vergessen konnte, dass mich dort oben etwas Aufregendes erwartete. Also schaffte ich es ernsthaft, endlich mal vor zwölf zu meiner Bungalowtüre hinaus zu spazieren und mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das erste was man sah, als man sich mutig vor der zu erklimmenden Felswand aufbaute, war ein sieben Meter langer Vorsprung, der über und über mit rotem Schlamm bedeckt war, tausend Spitzen und Kanten in sich verbarg und ein zerschlissenes, glitschiges Seil, das verräterisch den Anschein machte, als würde es einem den Aufstieg erleichtern. Der erste Schritt saß und so sah ich mich 10 Minuten später schon ziemlich weit über dem Abgrund auf den Felsvorprüngen balancieren und das Seil links liegen gelassen zu haben. Da der Fels allerlei Kurven und unbezwingbare glatte Stellen aufwies, war es nicht verwunderlich, dass der Aufstieg sich dann doch auf die fünffache Länge belief, als es von unten den Anschein gemacht hatte. Ein paar Kerle kamen mir ab und zu entgegen und waren drauf und dran, mich wieder mit runter zu nehmen, nachdem sie sahen, dass ich die Sache alleine versuchte. Aber nachdem sie mein läppisches Gelächter gehört hatten, gaben sie auf und waren dann doch eher beeindruckt als verängstigt. Ich hatte endlich wieder die Chance, zu testen, wie viel ich von meinen Kletterkursen behalten hatte. Als ich oben ankam, war ich der stolzeste Mensch, den es in dieser Sekunde vielleicht auf Erden gegeben hat. Affenfamilien, die meinen Weg nach oben kreuzten (ein ganz kleines bisschen schneller als ich 😀 ) nahmen sich das Recht, auf ihre Vorfahrt und ich rutschte, teilweise auf dem Arsch, teilweise auf den Schuhen, hinter ihnen her. Quer durch den Dschungel, über umgefallene Bäume und liegen gelassenes Nestlepapier, kam ich an den Aussichtpunkt, der mir regelrecht die Luft zum atmen raubte. Ich stand vor einem Abgrund der in Deutschland wohl mit neonpinken Warntafel und Stacheldraht ausgestattet worden wäre, und blickte über beide Küsten hinweg. Die Felsen leuchteten groß und gebieterisch zu beiden Seiten rot in der Sonne und die Palmenwälder, die die ganze Halbinsel säumten wirkten wie Streichhölzer von hier oben. Das türkise Wasser bebte wild von beiden Seiten auf den schmalen Küstenstreifen zu und Müllberge, Touristen, Technoverseuchung waren von hier oben wie verschluckt, verdaut und woanders ausgeschieden. Ich war glücklich. Sehr. Lange saß ich da und bestaunte meine Kamera, die spazierende Menschen zwischen Mangroven so groß heranzoomte, als würden sie direkt vor mir stehen. Nachdem ich mich satt gesehen hatte für den Moment, machte ich mich ans Rambo-dasein. Ich sprang durch den Dschungel zu Orten, an denen es aussah, als wäre da selten jemand entlang gelaufen. Roch an Blumen, testete Lianen, schnitzte in gefundenes Holz und verfolgte stundenlang Schmetterlinge. Immerwieder tat sich hier und da ein markerschütternder Abgrund vor mir auf, der hinter einem Dickicht auftauchte und mir dann doch einen ganz schönen Respekt einflößte. Es war interessant so unabgelenkt seine wackeligen Knie zu analysieren und herauszufinden, wie ruhig man etwas aushalten kann, das einem Angst macht. Als ich wieder an dem View Point angelangt war (natürlich hatte ich mich auch absichtlich ein bisschen verlaufen und musste zum Spurenleser meiner eigenen Fußabdrücke werden), begann der erste Tropenregen meines Lebens, den ich mitten im Dschungel erleben durfte. Ich checkte gedanklich ab, ob alles wasserdicht verstaut war und konnte mich danach völlig den Tropfen ergeben, die mir warm über das Gesicht liefen. Die Welt verdunkelte sich innerhalb von Sekunden und Gewitterwolken sammelten sich über den Felsspitzen. Die Regenwellen zeichneten Muster in den Himmel und ich musste unwillkürlich an den Satz von Hundertwasser denken: ¨Im Regen sind alle Farben satter.¨ Also wenn es einen Ort gibt, an dem dieser Satz zutrifft, dann ist es der Regenwald. Die glänzenden Bäume schienen regelrecht aufzuatmen, der Wind peitschte die Äste zu neuem Leben erwacht durch die Lüfte und alles war erfüllt von Klang, Farbe, Leben und Ursprünglichkeit. Der Zauber der Ursprünglichkeit machte etwas mit meinem melancholischen Gemüt an diesem Tag…etwa so, wie in den Augenblicken, in denen einem eine klare Sternennacht das Gefühl des klein und unbedeutend seins von irdischen Problemen verdeutlicht.
Als ich bemerkte, dass es anfing dunkel zu werden (in Äquatornähe passiert das häufig 😀 ), dachte ich mir, es ist ja jetzt auch nicht nötig, den Abstieg pitschnass, auf eisähnlichen Felsvorsprüngen in der Dunkelheit vorzunehmen. Also quälte ich mich in die Realität zurück und fing an, wieder an den Abstieg zu denken. Das war bei dem Regen gar nicht so einfach…immerhin sind die Regentropfen daumennagelgroß und können einen schon zeitweise blind werden lassen, wenn sie gut treffen. Aber ich schaffte es, sonst könnte ich jetzt schlecht davon erzählen, mit ein paar Schrammen und Ausrutschern und ab und zu an glitschigen Seilen in der Luft schwebend. Als ich von oben bis unten mit Schlamm bedeckt, Blättern in den Haaren und dem Messer in der Hand vom letzten Absatz hinter einem Baum hervor gesprungen kam, saßen drei deutsche Mädels vor dem View Point Schild und überlegten, wer so verrückt sei, sich das anzutun 😀 Sie lachten Tränen, als ich ihnen von meinem kleinen Abenteuer erzählte und meinten, kein Wunder, dass deine Mum keine Lust hat, dich alleine durch Südamerika reisen zu lassen, wenn du so eine verrückte Henne bist. Aber im Endeffekt, hab ich genau das entdeckt, was ich eben bin. Eine bewahrte Kinderseele.









Ach Omilein, ich hab jetzt kapiert, wie deine Kommentare angezeigt werden…ich muss die bestätigen 😀 Hab ich jetzt gemacht…jetzt kann ich auch antworten. Also wenn ich mich recht erinnere, habe ich aber bei euch mit dem Papa auch schon so manches Abenteuer in der Hinsicht erlebt…zum Beispiel, wie wir damals auf den Kamm geklettert sind…da war ich noch richtig richtig klein 🙂 Also noooch kleiner 🙂 Ich weiß schon, woher ich das hab 😉 Bussi
Hallo Solly, deine Abenteuer sind ja gewaltig. Wir, in den Bergen lebend, sind ja einiges gewohnt, deine Erfahrungen rufen bei mir nur Staunen hervor und ich bewundere deinen Mut.Ich verfolge gespannt deine weiteren Berichte. Sei fest ans Herz gedrückt von deiner Oma